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Sind der EZB die wirksamen Mittel ausgegangen?
Ausgabe vom 08.09.2016
Sind der EZB die wirksamen Mittel ausgegangen?
von Sven Weisenhaus
Die EZB belässt die bisherige Geldpolitik vorerst unverändert. Das hat der EZB-Rat heute im Anschluss an seine Sitzung beschlossen. Weder wurden die Leitzinsen angetastet, noch das Anleihekaufprogramm verändert. Die Notenbanker bestätigten lediglich, dass die Zinsen „für längere Zeit und weit über den Zeithorizont des Nettoerwerbs von Vermögenswerten hinaus auf dem aktuellen oder einem niedrigeren Niveau bleiben werden“. Und die monatlichen Anleihenkäufe im Umfang von 80 Mrd. Euro sollen zunächst unverändert bis März 2017 fortgesetzt werden. In jedem Fall aber so lange, bis eine nachhaltige Korrektur der Inflationsentwicklung erkennbar ist, die mit dem Inflationsziel der EZB von zwei Prozent im Einklang steht.
Zinsentscheidung sorgte für ein kleines Börsenbeben
Die Märkte zeigten sich in einer ersten Reaktion enttäuscht. Während sich EZB-Chef Mario Draghi in einer Pressekonferenz noch erklärte, brach der DAX kräftig ein (roter Pfeil im Chart). Im Maximum verlor der Index über 170 Punkte, was zumindest im Vergleich zu den moderaten Kursschwankungen der vergangenen Tage eine kleine Welt war.
Im größeren Bild (siehe folgender Chart) rutschte der Index allerdings lediglich in die kurzfristige Seitwärtsrange von ca. 10.440 bis 10.660 Punkten zurück (siehe Börse-Intern vom 30. August), ohne das April tief in Gefahr zu bringen (rote Ellipse). Charttechnisch hat sich daher nicht viel verändert. Zumal sich die Kurse bereits wieder deutlich erholten. Dadurch zeichnet sich inzwischen ein kurzfristiger Aufwärtstrend ab (grün).
Erwartung an weitere Maßnahmen wurde enttäuscht
Zu dem kleinen Börsenbeben kam es, weil im Vorfeld der EZB-Entscheidung einige Experten davon ausgegangen waren, dass die Notenbank die Modalitäten des Anleihekaufprogramm ändern und dessen Laufzeit verlängern würde. Auch eine weitere Reduzierung der Leitzinsen, insbesondere des Einlagesatzes, wurde diskutiert.
Nun ist die Politik gefragt
Doch wenn man die Pressekonferenz und die Aussagen Draghis aufmerksam verfolgt hat, dann konnte man erkennen, dass die EZB die Politik verstärkt in der Pflicht sieht. Nach Meinung der EZB sei es Sache der Euro-Länder, endlich für ein wachstums- und investitionsfreudigeres Klima zu sorgen, damit sich die bisher bereits beschlossenen geldpolitischen Maßnahmen voll auswirken können.
Und damit passt die heute EZB-Entscheidung hervorragend zu den Daten, die in der Börse-Intern vom 31. August besprochen wurden. Dort war zu lesen, dass die Liquidität der EZB nur begrenzt Abnehmer findet, weil im aktuellen Wirtschaftsumfeld niemand etwas mit der massenhaften Geldschwemme anfangen kann. Neu-Investitionen würden sich mangels positiver Perspektiven nicht lohnen, hieß es in der Analyse.
Banken horten bei der EZB mehr als eine Billion Euro
Diesen Eindruck bestätigt eine aktuelle Nachricht, wonach die sogenannten Überschussreserven der Banken im Euroraum bei der EZB ein neues Rekordniveau erreicht haben. Sie beliefen sich nach letzter Meldung von Anfang September auf fast 1.023 Milliarden Euro. – Normalerweise liegt der Wert nahe null. Doch aufgrund der massiven Wertpapierkäufe der EZB sind die Guthaben der Banken dramatisch angeschwollen.
Anleihenkäufe der EZB verfehlen ihr Ziel
Eigentlich sollen die Anleihenkäufe der EZB die Kreditvergabe in der Eurozone ankurbeln. Im ersten Schritt gelingt dies auch, denn wie die genannten Zahlen zeigen, schwimmen die Geldhäuser in Geld und könnten somit massenhaft Kredite ausgeben. Doch offenbar kann die Wirtschaft dieses Geld aus den oben genannten Gründen zurzeit nicht gebrauchen. Die Maßnahmen der EZB laufen also ins Leere. Wohl nicht ganz zufällig haben die Überschussreserven und das Gesamtvolumen der Anleihenkäufe fast zeitgleich die Schwelle von einer Billion Euro überschritten.
Für die Banken kann es bald teuer werden
Dramatisch ist dies für die Banken. Denn für sie ist das eigentlich ein Minusgeschäft, weil die EZB für das geparkte Geld derzeit einen Negativzins von minus 0,4 Prozent nimmt (Einlagesatz, engl.: deposit facility). Die Kursgewinne der vorher an die EZB verkauften Anleihen dürften diese Verluste ein wenig mindern. Doch nicht auf Dauer, weshalb diese Entwicklung irgendwann zu einem großen Problem werden könnte.
EZB scheint ohne eine stärkere Wachstumspolitik machtlos
Und so verwundert es auch nicht, dass die EZB nun keine Änderungen an ihrer Geldpolitik vorgenommen hat. Eine Ausweitung der Anleihenkäufe würde wohl nur die Überschussreserven weiter anschwellen lassen und ein niedrigerer Einlagezins die schon schwer angeschlagenen Banken weiter belasten.
Die EZB müsste daher noch kreativer werden, um dieser Fehllenkung von Kapital entgegenzuwirken. Doch vielleicht ist das einzige Mittel, was nun noch hilft, eine wirtschafts- und wachstumsfreundliche Politik. Wohl auch deshalb hat Draghi in seiner heutigen Rede noch einmal explizit den Stab an die Politik weitergereicht. Doch ob seine Worte je erhört werden?
Fazit
Die Märkte müssen nun jedenfalls ohne weitere geldpolitische Hilfen auskommen. Ob ihnen dies in der sowieso schon saisonal schwachen Phase gelingt, bleibt abzuwarten. Die Charttechnik wird es uns verraten. Achten Sie also weiterhin einfach auf die relevanten Marken im DAX.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Geldanlage
Ihr
Sven Weisenhaus
www.stockstreet.de
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