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Korrektur oder Trendwende? - Auf den Zeitraum kommt es an
Ausgabe vom 13.10.2017
Korrektur oder Trendwende? - Auf den Zeitraum kommt es an
von Sven Weisenhaus
War das gestern wirklich eine bedeutende Nachricht? Tagelang notierte der DAX nur minimal unterhalb von 13.000 Punkten und die Welt kannte kaum ein anderes Thema als das gebannte Warten auf das Erreichen dieser runden Marke. Und als die Hürde dann kurzzeitig und minimal überwunden wurde, schossen die entsprechenden Eilmeldungen dazu ins E-Mail-Postfach und wurden die Webseiten und Fernsehsendungen mit Meldungen darüber vollgestopft.
13.000 Punkte, hurra !?
Dazu wurde berichtet, der DAX hätte diese Marke erreicht, weil die Wirtschaftsperspektiven im Euroraum gut seien und der Euro zuletzt schwächer war. Waren die Perspektiven denn in den Tagen zuvor deutlich weniger rosig? Neue Wirtschaftsdaten, die ausgerechnet gestern einen Anstieg des DAX über 13.000 Punkte hätten begründen können, gab es jedenfalls nicht.
Aber selbst wenn die These vom Wirtschaftswachstum längerfristig betrachtet nicht einmal grundsätzlich falsch ist, so ist zumindest das Argument des schwächeren Euros völlig an den Haaren herbeigezogen. Denn der Euro zeigt bereits seit einer Woche erneut Stärke und erreichte ausgerechnet gestern den Hochpunkt dieser Bewegung, als der DAX die 13.000 Punkte überwand.
Nun gut, irgendwie müssen die Kommentatoren den gestrigen Anstieg auf bzw. über die vermeintlich wichtige DAX-Marke ja erklären. Und damit die Begründungen massentauglich sind, werden eben einfache und bekannte Argumente geliefert, die auf den ersten Blick einleuchtend und plausibel klingen, es aber bei genauerem Hinsehen, wenn überhaupt, nur bedingt sind.
Ich bin jedenfalls froh, dass Sie, liebe Leserinnen und Leser, Interesse an den tieferen Zusammenhängen zeigen. Das belegen auch die Leser-Mails, die wir regelmäßig erhalten. Und weil sich am Markt, auch nach dem leichten Überwinden der 13.000-Punkte-Marke, weiterhin nur wenig bewegt, komme ich noch einmal zu grundlegenden Themen.
Korrektur oder Trendwende? - Auf den Zeitraum kommt es an
Häufig verwende ich in meinen Analysen die Begriffe „kurzfristig“, mittelfristig“ und „langfristig“. Doch was ist damit eigentlich genau gemeint? Mehrfach habe ich auch schon geschrieben, dass ich eine „Korrektur“ bei den US-Indizes erwarte, jedoch keine „Trendwende“. Ist aber nicht jede Korrektur auch eine kurzfristige Trendwende?
Bei der Antwort auf diese Frage kommt es auf den betrachteten Zeitraum an. Kurzfristig betrachtet entsteht durch eine Korrektur natürlich eine Trendwende. So könnte man zum Beispiel den Beginn der DAX-Korrektur im Juni durchaus als (kurzfristige) Trendwende bezeichnen, ebenso wie das Ende der Korrektur. Doch mit Blick auf den Aufwärtstrendkanal im folgenden Target-Trend-Chart des DAX wird man wohl kaum von einer "Trendwende" sprechen, sondern eben nur von einer zwischenzeitigen "Korrektur" im intakten Aufwärtstrend. Mittelfristig betrachtet ist eine kurzzeitige Korrektur also keine Trendwende.
Und als langfristig sind die großen Wirtschaftstrends zu sehen, in denen die Aktien übergeordnet betrachtet kontinuierlich steigen, weil die Wirtschaft wächst bzw. länger anhaltend fallen, wenn es wirtschaftlich nicht rund läuft.
Aber selbst bei diesen Ausführungen kann man anders argumentieren. Charttechnik ist eben keine eindeutige Wissenschaft. Und daher muss man die verwendeten Begrifflichkeiten stets in dem dazugehörigen Kontext sehen.
Leserfrage: Haben wir eine Blase am Aktienmarkt?
von Sven Weisenhaus
Zum Abschluss möchte ich hier an dieser Stelle noch kurz auf eine Leserfrage eingehen, weil die Beantwortung auch für andere Leser interessant sein könnte. Die Frage lautet auszugsweise wie folgt:
Sehr geehrter Herr Weisenhaus,
(…) Sie schreiben, dass ein Großteil der durch die Zentralbanken geschaffenen Liquidität nicht in die Realwirtschaft, sondern in die Finanzmärkte fließt. (…) Diese Argumentation (…) spricht doch aber für eine gewisse (kleine oder große) Blasenbildung an den Aktienmärkten. Andererseits ist immer wieder zu lesen, dass es keine Blasenbildung gäbe, das Dax-KGV sei im normalen Bereich, die US-Aktien - na ja, die sind ein wenig überteuert. Das hört sich nicht gerade so erschreckend an. Wo ist der Gedankenfehler?
Dazu meine Antwort:
Die größte Blase schwebt über dem Anleihemarkt
Die größte Blase findet dort statt, wo die Notenbanken direkt als Käufer am Markt auftreten - bei den Anleihen. Das man am Aktienmarkt nicht unbedingt von einer Blase sprechen kann, liegt an der RELATIVEN Betrachtung. Denn im Vergleich zu den Bewertungen am Anleihemarkt sind die Aktienmärkte noch RELATIV günstig (siehe zum Beispiel Anleiherenditen vs. Dividendenrenditen).
Außerdem schieben die Geldspritzen der Notenbanken natürlich auch die Konjunktur an und führen damit zu steigenden Unternehmensgewinnen. Dieses Gewinnplus der Unternehmen lässt das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) der Aktien sinken oder bei gleichzeitig weiter steigenden Aktienkursen zumindest relativ stabil bleiben.
Weil die Bewertung an den Aktienmärkten deshalb auch noch nicht überzogen ist, erwarte ich keine Trendwende, sondern eben lediglich eine Korrektur. - Ich denke, Sie können diese Aussage nun in den passenden Kontext setzen.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Geldanlage
Ihr
Sven Weisenhaus
www.stockstreet.de
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