Börse-Intern
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Auch in der Jahresendrally wurden negative Nachrichten ignoriert
Ausgabe vom 05.01.2021
Auch in der Jahresendrally wurden negative Nachrichten ignoriert
von Sven Weisenhaus
Verehrte Leserinnen und Leser,
ich freue mich, Sie im neuen Jahr wieder begrüßen zu dürfen. Und auch ich wünsche Ihnen für 2021 alles erdenklich Gute, insbesondere Gesundheit, aber auch vor allem Zufriedenheit in allen Lebensbereichen und natürlich viel Erfolg bei Ihren Investments!
US-Konjunkturpaket vs. Coronavirus-Mutation
In der Pause der Börse-Intern gab es trotz des feiertagsbedingt eingeschränkten Börsenhandels durchaus interessante Ereignisse und Marktbewegungen. So machten in den USA Republikaner und Demokraten noch vor Weihnachten nach langem Ringen den Weg für weitere milliardenschwere Corona-Hilfen frei. Am 21. Dezember hatte man sich auf ein Konjunkturpaket im Umfang von rund 900 Milliarden Dollar verständigt. Zwar musste das Gesetz zunächst noch beide Kammern des Kongresses passieren, doch galt dies als reine Formsache.
Eigentlich hätte diese Meldung ein guter Grund für steigende Aktienkurse sein können. Doch an diesem Tag gaben die Aktienmärkte kräftig nach. Der DAX rutschte in Richtung der psychologisch wichtigen Marke von 13.000 Punkten zurück (siehe rote Ellipse im folgenden Chart), womit sich der vorangegangene bullishe Ausbruch aus der mehrwöchigen Seitwärtsbewegung als Fehlsignal entpuppte. Eine Bullenfalle drohte zuzuschnappen.
Als Grund dafür wurde eine neue und möglicherweise ansteckendere Coronavirus-Variante genannt, welche den Anlegern die Kauflaune verdorben haben soll. Das ist auch plausibel, weil viele europäische Länder den Flugverkehr aus Großbritannien einstellten und Häfen sowie der Eurotunnel geschlossen wurden, um die Ausbreitung der neuen Virus-Vvariante zu bremsen. Zudem machte ein ansteckenderes Virus härtere Lockdowns wahrscheinlicher.
Bullen ließen sich das Ruder nicht lange aus der Hand nehmen
Denkbar ist aus meiner Sicht aber auch, dass die Märkte lange Zeit die Hoffnung auf das US-Konjunkturpaket gespielt hatten und es dann zu einem „sell the facts“-Effekt kam, als das Paket in trockenen Tüchern war. Für diese Theorie spricht auch, dass die Kurse schon am nächsten Tag wieder anstiegen, obwohl die neue Virus-Variante und die damit verbundenen neuen Einschränkungen noch in der Welt waren. Jedenfalls ließen sich die Bullen nicht lange das Ruder aus der Hand nehmen.
Trump verweigerte seine Unterschrift
Und das auch dann nicht, als der noch amtierende US-Präsident Donald Trump in der Nacht zum 23. Dezember die Unterzeichnung des neuen Corona-Hilfspakets zunächst ablehnte. Er forderte Nachbesserungen, unter anderem eine Anhebung der Einmalhilfe für alle US-Bürger von 600 auf 2.000 Dollar. Damit war klar, dass die Anleger wieder in ihrem Tunnel waren und negative Nachrichten ignoriert wurden.
Womöglich setzten die Anleger aber auch darauf, dass Trump seine Blockadehaltung gegenüber den neuen Corona-Hilfen aufgeben würde. Und als am 28. Dezember genau diese Nachricht über die Ticker lief, zeigten sich die Kurse davon auch völlig unbeeindruckt. Logisch, wenn die Meldung zuvor bereits eingepreist war.
Allzeithochs zum Jahresende trotz neuer Handelsstreitigkeiten
Am 29. Dezember konnte der DAX dann sogar noch ein neues Allzeithoch markieren, nachdem die Demokraten signalisierten, einer Anhebung der Einmalhilfen auf 2.000 Dollar zuzustimmen. Aber offenbar setzten Anleger anschließend darauf, dass es auch dazu nicht kommen würde. Denn nach dem Allzeithoch legten die Kurse nicht weiter zu, sondern bröckelten stattdessen ab. Womöglich auch, weil die Republikaner im US-Senat offenließen, ob sie einer höheren Einmalzahlung für US-Bürger zustimmen werden.
Aber größere Verluste ließen die Anleger in der Jahresendrally nicht zu. Auch nicht am letzten Handelstag des Jahres 2020, an dem die US-Indizes noch auf neue Allzeithochs steigen konnten, obwohl die USA neue Strafzölle auf Produkte aus der EU ankündigten. Dabei ging es wieder um den Streit über rechtswidrige Subventionen für die Luftfahrtindustrie zwischen den USA und der EU. Siehe dazu auch Börse-Intern vom 3. Dezember. Aber damals lautete der Titel schon „Auch negative Nachrichten lassen die Anleger kalt“. Also eigentlich soweit alles beim Alten.
Warum auch nicht? Schließlich ist nur wegen eines Jahreswechsels nicht plötzlich alles anders, sind Entwicklungen nicht abgeschlossen und wird nicht einfach ein neues Kapitel aufgeschlagen. Stattdessen ist Börse ein fortlaufender Prozess. Was Börsianer Ende 2020 beschäftigt hat, wird sie auch Anfang 2021 umtreiben.
Die Jahresperformance beginnt bei Null
Wobei eines im neuen Jahr doch neu startet: Die Performance der Fondsmanager. Denn diese steht mit dem Ende des vergangenen Jahres nun fest und beginnt mit dem neuen Jahr bei null. Es könnte daher durchaus sein, dass die Fondsmanager bis zum Ende des vergangenen Jahres ihre am Ende noch positive Jahresperformance halten wollten. Und mit Beginn des neuen Jahres könnten sie nun geneigt sein, einige ihrer inzwischen deutlich überteuerten Positionen auf den Markt zu werfen. Eine dadurch ausgelöste Marktkorrektur würde zwar die Performance zunächst belasten, es besteht aber noch genügend Zeit, um diese bis zum Jahresende 2021 wieder aufzuholen.
Der schwache Jahresauftakt ist für diese Theorie ein erstes Indiz. Insbesondere die US-Indizes und einige zuvor extrem hochgejubelte Aktien haben gestern deutlich verloren. Doch man sollte die Signale der ersten Handelswoche noch nicht allzu ernst nehmen. Hier spielen zu viele andere Faktoren eine Rolle. Tatsächlich finden in dieser Zeit zwar schon teilweise Umschichtungen statt, die mit der Performance und dem Jahreswechsel zu tun haben, ein Fingerzeig auf das Jahr ist das aber noch nicht.
Warten wir also ab, welche Trends sich bis zur nächsten Woche herauskristallisieren. Womöglich wird auch erst dann das Wahlergebnis aus der heutigen Senatswahl in den USA feststehen. Mich würde es jedenfalls nicht wundern, wenn wir einen eher schwachen Jahresbeginn erleben werden.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg beim Trading
Ihr
Sven Weisenhaus
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