Börse-Intern
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September-Blues
Ausgabe vom 03.09.2018
September-Blues
von Torsten Ewert
Sehr verehrte Leserinnen und Leser,
schon Mark Twain stellte fest, dass der Oktober einer der gefährlichsten Börsenmonate ist. Allerdings nicht ohne hinzuzufügen: „Die anderen sind Juli, Januar, September, April, November, Mai, März, Juni, Dezember, August und Februar." Rein statistisch hat es aber vor allem der September in sich.
Sommerpause ade – kommt jetzt der heiße Herbst?
Heute wird in den USA der Labor Day begangen, ein Feiertag, der unserem 1. Mai ähnelt (Tag der Arbeit). Mit diesem Tag enden in den USA traditionell die Sommerferien, weil am folgenden Tag die Schule wieder beginnt. Auch an der Börse gilt der Labor Day als Ende der Sommerpause und Beginn des „heißen Herbsts“ an der Börse. Da die US-Börsen am heutigen Labor Day geschlossen sind, bleibt uns Zeit, die weiteren Perspektiven der US-Märkte im Herbst auszuloten.
Seinen aktuellen schlechten Ruf hat der Oktober wohl vor allem wegen der großen Crashs von 1929 und 1987. Trotzdem ist er statistisch eher ein unauffälliger Monat. Der schlechteste Börsenmonat ist mit Abstand der nun beginnende September.
Das verdeutlicht auch der folgende Chart:
(Quelle: MarketMaker, eigene Berechnungen)
Die obere hellblaue Kurve stellt den Durchschnittsverlauf des Dow Jones seit 1900 dar, die dunkelblaue Kurve den Durchschnittsverlauf aller Zwischenwahljahre seit 1900 (2018 ist ebenfalls ein Zwischenwahljahr) und die rote Kurve zeigt den Verlauf des Dow Jones seit Jahresbeginn. Nach beiden historischen Durchschnittsverläufen steht im September ein Kursrückgang bevor (siehe gelbe Markierung). Darauf hat Sven Weisenhaus vor einiger Zeit schon hingewiesen.
Eine berechtigte Frage – und die entmutigende Antwort
Die Frage ist nun (die auch einige Leser gestellt haben), ob das neue Allzeithoch im S&P 500 und im NASDAQ 100 die Aussichten für September aufhellt.
Die hellblaue Kurve im obigen Chart gibt eigentlich schon eine erste, ziemlich eindeutige und wenig ermutigende Antwort: Danach steigt der Dow Jones faktisch während des gesamten Jahres immer wieder auf ein neues Allzeithoch – und bricht dann im September trotzdem ein.
Warum der September so schlecht ist
Der September ist in allen US-Indizes zudem der mit Abstand schlechteste Monat, wie die folgende Aufstellung zeigt:
- Im Dow Jones bringt der September die mit Abstand schlechteste Rendite von durchschnittlich -1,05 %. Der einzige andere Monat mit einem negativen Monatsergebnis ist der Februar, allerdings nur mit moderaten -0,12 %.
- Der Dow Jones beendete den September in 70 von 121 Jahren mit einem Verlust. Damit beträgt die Verlustwahrscheinlichkeit im September hohe 57,9 %. Der einzige andere Monat mit häufigeren Verlusten als Gewinnen ist der Juni, allerdings nur mit einer Verlustwahrscheinlichkeit von 51,2 % (63 von 123 Jahren).
- Im S&P 500 ist der September ebenfalls der verlustreichste Monat (-1,02 %) vor Februar und Mai, wo jedoch die Verluste mit -0,05 bzw. -0,02 Prozent vernachlässigbar sind. Zudem ist der September hier der einzige Monat, in dem in 89 Jahren mehrheitlich Verluste aufgelaufen sind (49 Mal = 55,1 %).
- Im NASDAQ Composite ist der September der einzige Monat überhaupt, der seit 1971 im Durchschnitt mit Verlusten endete.
Es wird auch mit „Tricks“ nicht besser
Nun heißt es ja so schön, dass man keiner Statistik trauen soll, die man nicht selbst „erstellt“ hat. Also habe ich spaßeshalber mal versucht, wenigstens ein Kriterium zu finden, wonach der Dow Jones im September statistisch im Plus landen könnte. Es ist mir leider nicht gelungen. Ein paar Beispiele:
- Nach einem kleinen Minus im Juni wurden Juli und August klar im Plus beendet. Von den 27 Fällen, in den das schon früher einmal so war, endete der September nur 8-mal positiv, aber 19-mal negativ – mit einem Durchschnittsverlust von 1,98 %.
- Von 46 Fällen, in denen es zumindest zwei Gewinnmonate im Sommer (Juni-August) und in diesen drei Monaten insgesamt einen Gewinn gab, führten zwar 20 zu einem positiven September, aber 23 endeten dennoch mit Kursverlusten; durchschnittlich gab es ein Minus von 1,78 %
- Und in den 31 Jahren, in denen der Dow Jones wie 2018 bis August immerhin 5 Monate mit Gewinnen abschloss, gab es trotzdem nur 14-mal ein Kursplus im September; 17-mal gab es doch wieder Verluste von durchschnittlich 1,68 %.
Bleibt uns also der übliche September-Blues auch in diesem Jahr nicht erspart?
Etwas Hoffnung bleibt
Nun, die Statistik liefert uns ja nur Durchschnittswerte. Wie das Ergebnis in einem konkreten Jahr ausfällt, ist damit noch gar nicht gesagt. Und die Kursschwankungen fallen von Jahr zu Jahr – nicht nur im September! – erheblich aus. Das zeigt schon die folgende Grafik, in der die statistischen Durchschnittswerte (rote Punkte) zusammen mit den durchschnittlichen Schwankungen (blaue Striche nach oben und unten) eingetragen sind.
(Quelle: MarketMaker, eigene Berechnungen)
Sie sehen, dass selbst im September der blaue Strich ein gutes Stück über die Nulllinie reicht. Und dieser Strich repräsentiert nur die durchschnittlichen Schwankungen – es gab auch Jahre mit zweistelligen Kurszuwächsen im September! Noch besteht also Hoffnung, auch wenn der Dow Jones immer noch sein Allzeithoch vor sich hat.
Wo sich im September Chancen ergeben könnten
Aber wir müssen uns ja nicht auf den Dow Jones beschränken. Wenn man die obigen „Spezialstatistiken“ z.B. für den NASDAQ Composite berechnet (der eine extrem hohe Korrelation mit dem NASDAQ 100 aufweist, aber ein längere Kurshistorie hat), dann erhält man sehr positive Ergebnisse, die zumindest für die Technologiewerte einen positiven Verlauf im September erwarten lassen.
Passend dazu zeigen die Technologiewerte derzeit auch eine auffallende Stärke, wie Sven Weisenhaus kürzlich erst hervorgehoben hat (siehe Börse-Intern vom 30.08.2018). Und gemäß dem Motto des Charttechnikers „The Trend is your Friend!“ könnte diese Stärke noch einige Zeit weitergehen – auch im September. Daher erscheint es sinnvoller, in den kommenden Wochen eher auf die Technologietitel im NASDAQ zu setzen als auf den Dow Jones.
Aber was ist mit der aktuellen Überbewertung der Technologieaktien, auf die Sven Weisenhaus in seinem Artikel hingewiesen hat? Das ist gewissermaßen das „Restrisiko“, das wir in diesem Fall eingehen, wenn wir die statistische Wahrscheinlichkeit auf unsere Seite bringen. Irgendein Risiko gehen wir an der Börse immer ein – denn wenn die Börse irgendwann mal ohne Risiko ist, dann wäre es keine Börse mehr. Eine Erkenntnis, die bestimmt auch schon Mark Twain hatte.
Mit besten Grüßen
Ihr Torsten Ewert
Trader-Sentiment für 36. KW 2018 (03.09. - 07.09.)
von Sven Weisenhaus
Mit Blick auf das Sentiment hätten es die Bullen in der vergangenen Woche eigentlich schwerer haben müssen. Denn in der Umfrage zuvor waren sie mit 51,11 % in der Mehrheit. Und daher musste man im Sinne des Kontraindikators damit rechnen, dass die Abwärtsbewegung im DAX mit der kurzen Gegenbewegung vom 20. und 21. August noch kein Ende gefunden hatte. Doch am vergangenen Montag konnte der deutsche Leitindex weiter zulegen und sich am Dienstag stabil halten. Erst ab Mittwoch trumpften die Bären wieder auf.
Und sie hielten die Trümpfe bis zum Ende in der Hand. So kam es beim Schlussstand von 12.364,06 Punkten sogar noch zu einem kleinen Wochenverlust in Höhe von 0,25 %. Mit diesem Minus kann man sogar argumentieren, dass der Kontraindikator erneut funktioniert hat. Doch dass das Sentiment diesen späten Erfolg tatsächlich für sich verbuchen kann, ist sicherlich diskussionswürdig.
Unabhängig davon könnte es nun sein, dass nach der kurzen Fortsetzung der Erholungsbewegung in der vergangenen Woche die Abwärtsbewegung im DAX bereits wieder aufgenommen wurde und somit wie befürchtet noch kein Ende gefunden hat (siehe oben). Das scheinen auch viele Voting-Teilnehmer so zu sehen. Denn in der aktuellen Umfrage ist der Anteil der Bären wieder in die Höhe geschossen. Nach zuvor nur noch 48,89 % sind es nun wieder stolze 59,37 %.
Nach einem einwöchigen Optimismus ist also wieder der zuvor dreiwöchige Pessimismus zurückgekehrt. Vor diesem Hintergrund könnte es allerdings sein, dass mit dem Rücksetzer in der vergangenen Woche doch nicht die Abwärtsbewegung wieder aufgenommen wurde, sondern es sich dabei stattdessen um eine Gegenbewegung in der neuen Aufwärtsbewegung gehandelt hat.
Ihr
Sven Weisenhaus
- Stockstreet-Team -
www.trader-sentiment.de
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