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Wirtschaftswachstum: Volldampf oder bereits Überhitzung?
Ausgabe vom 24.11.2017
Wirtschaftswachstum: Volldampf oder bereits Überhitzung?
von Sven Weisenhaus
Ob und wie sich die Hängepartie bei der Regierungsbildung in Deutschland auf die Stimmung in den Chefetagen der Unternehmen auswirkt, muss abgewartet werden. Die jüngsten Umfragen dazu dürften wohl vor dem Verhandlungs-Aus zwischen Union, FDP und Grünen beendet worden sein. Es ist daher zwar nicht auszuschließen, dass es im kommenden Monat zu einem Stimmungsdämpfer kommt, wenn sich die Regierungsbildung weiter verzögert, aktuell ist die Stimmung jedoch gemäß den Frühindikatoren blendend.
Rekordstimmung in der Wirtschaft
So stieg der ifo-Geschäftsklimaindex im November um 0,7 auf den Rekordwert von 117,5 Punkten, wie das Münchner ifo-Institut heute zu seiner monatlichen Umfrage unter 7000 Managern mitteilte. Demnach beurteilten die Manager die Geschäftslage zwar etwas weniger optimistisch, die Aussichten für die kommenden sechs Monate dafür aber besser als zuletzt. Besonders in der Industrie sind die Firmenchefs so guter Dinge wie nie zuvor.
Ähnlich euphorisch bewerten auch die Einkaufsmanager die wirtschaftlichen Perspektiven. Der deutsche Einkaufsmanagerindex für den Dienstleistungsbereich zog im November auf 54,9 Punkte an und der Index für das Verarbeitende Gewerbe erreichte mit 62,5 Punkten (siehe folgende Grafik) sogar ein Sechsjahreshoch (+1,9 Punkte gegenüber Oktober).
(Grafikquelle: tradingeconomics.com)
Der Sammelindex für die Privatwirtschaft (Composite) - also Industrie und Dienstleistungen zusammen - erhöhte sich dadurch um 1,0 auf 57,6 Punkte.
Eurozone: Stimmung in der Industrie auf 17-Jahres-Hoch
Auch der Composite-Einkaufsmanagerindex aus der Eurozone legte im November um 1,5 auf 57,5 Punkte und damit auf den höchsten Stand seit sechseinhalb Jahren zu. Die Stimmung in der Eurozonen-Industrie (verarbeitendes Gewerbe) ist sogar mit einem Plus von 1,0 auf 60,0 Zähler auf den höchsten Wert seit mehr als 17 Jahren (!) gestiegen (siehe folgende Grafik).
(Grafikquelle: tradingeconomics.com)
Die Dienstleister zeigten sich ähnlich gut gelaunt: Ihr Einkaufsmanagerindex legte um 1,2 Punkte auf einen Stand von 56,2 zu.
Erste Überhitzungserscheinungen
Gerade die Detaildaten für Deutschland zeigen allerding bereits erste Überhitzungserscheinungen an. So sind die Kapazitäten laut ifo-Umfrage stark ausgelastet und die Lieferzeiten steigen aus diesem Grund so stark wie noch nie zuvor. Zudem haben noch nie so viele Unternehmen Fachkräftemangel als Grund für eine Produktionsbehinderung angegeben. Das sind untrügliche Zeichen dafür, dass sich Deutschland mittlerweile auf den Hochpunkt des Konjunkturzyklus zubewegt. Kritisch wird es für die Konjunktur jedoch erst, wenn in Erwartung einer Fortsetzung des Wachstums die Kapazitäten der Unternehmen ausgeweitet werden und die Nachfrage sinkt. Die in diesem Fall entstehenden Überkapazitäten wären ein erstes gewichtiges Warnsignal. Doch so weit sind wir noch nicht.
Euro und DAX zeigen Stärke
Angesichts der derzeit extrem positiven Daten ist es kein Wunder, dass der Euro, trotz der zunehmenden Zinsdifferenz zum US-Dollar, weiter bzw. wieder Stärke zeigt (siehe auch gestrige Börse-Intern). Und auch die langen Aufwärtstrends der europäischen Aktienindizes lassen sich mit den guten Konjunkturdaten erklären. Kurzfristige Abwärtsbewegungen sind nach wie vor rein charttechnischer Natur.
So auch im DAX. Der konnte inzwischen die Mittellinie bei 12.945 Punkten erneut verteidigen (siehe grüner Pfeil im folgenden Chart) und anschließend wieder deutlich zulegen.
Auf der Oberseite kommt es bislang allerdings zu tieferen Hochs, so dass ein Befreiungsschlag noch nicht gelungen ist. Hier stehen die Chancen zwischen dem Ende und einer Fortsetzung der Korrektur im Moment noch 50:50.
DAX: Diese Marken entscheiden zwischen Wohl und Wehe
Nach wie vor gilt daher: Der DAX hat zwischenzeitlich erst 50 % der vorangegangenen Abwärtsbewegung aufgeholt. Orientiert man sich an den Fibonacci-Marken, gilt die Korrektur erst dann als beendet, wenn der DAX mehr als 61,80 % der Verluste wieder wettmachen kann. Also muss erst das Fibonacci-Retracement bei 13.266,69 Zählern überwunden werden, um Entwarnung zu geben. Und nimmt man die Target-Trend-Methode hinzu, dann muss der DAX auch noch die Rechteckgrenze bei 13.300 Punkten zurückerobern.
Rutscht der DAX hingegen deutlich unter die Mittellinie bei 12.945 Punkten und kommt es dabei zu einem neuen Korrekturtief, dürften die Bären wohl versuchen, die Rechteckgrenze bei 12.590 Punkten zu erreichen. Und dort stehen dann auch die Aufwärtslinien des seit Anfang 2016 laufenden Aufwärtstrendkanals zur Disposition.
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