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Dow Jones Industrie vs. Transport - zuverlässiges Warnsignal?
Ausgabe vom 22.06.2017
Dow Jones Industrie vs. Transport - zuverlässiges Warnsignal?
von Sven Weisenhaus
Immer wieder ist in Analysen und den Medien zu lesen, dass der Dow Jones Transportation Index gegenüber dem klassischen Dow Jones (Industrial Average) Index seit einigen Monaten eine „relative Schwäche“ entwickelt. Und dies sei ein Zeichen für eine baldige Korrektur. Das ist aber falsch! Noch gibt es kein Warn- oder gar Verkaufssignal, das sich aus dem Kursverlauf der beiden Indizes ablesen ließe. Eine Korrektur ist aber dennoch möglich.
Industrial Average steigt, Transportation konsolidiert
Hergeleitet wird der vermeintliche Indikator aus der Dow-Theorie. Allerdings geht es dabei nicht um die zeitweilige Divergenz beider Indizes. Diese ist nämlich eher die Regel als die Ausnahme, wie wir gleich sehen werden. Tatsächlich lautet die Kernforderung von Charles Dow, dass sich Dow Jones Industrial Average und Dow Jones Transportation gegenseitig bestätigen müssen, um ein Signal zu liefern.
Genau dies ist aber seit längerem nicht mehr der Fall. So kann man mit Blick auf den folgenden Chart feststellen, dass der Transport-Index (rot) seit mehr als einem halben Jahr seitwärts bzw. sogar leicht abwärts gerichtet konsolidiert, während die 30 Werte des klassischen Dow Jones (Industrie-Index) im selben Zeitraum weiter zulegen konnten (grün).
Doch handelt es sich dabei um ein Warnsignal?
Die Vergangenheit zeigt: Kein brauchbarer Indikator
Auch im Stockstreet-Team wurde diese Frage bereits mehrfach aufgeworfen. Festzuhalten ist, dass das Thema insgesamt sehr kontrovers diskutiert wird. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt aber zumindest Schwächen auf (siehe dazu auch die folgenden Charts):
Im Jahr 2015 zum Beispiel erreichte der Transportindex schon zu Jahresbeginn sein Hoch und fiel dann ab Mitte März tendenziell ab. (Ähnlich ist die Situation auch in diesem Jahr). Doch der Industrieindex gab damals erst ab Mitte Juli stärker nach. Er folgte damit den Transportwerten mit einer Verspätung von vier Monaten. Im Dezember 2016 kam es erneut zu einem Kurseinbruch im Transportindex, den die Industriewerte in diesem Fall einen Monat später mitmachten. Selbst in Phasen, wo der Transportindex also als Signalgeber vermeintlich funktionierte, hätte man ein erhebliches Timing-Problem gehabt.
Im Jahre 2007 begannen die Industriewerte ihre Abwärtsbewegung vor den Transportwerten, die noch bis weit in das Jahr 2008 stabil tendierten. Ähnliches geschah 2011. Auch in diesem Jahr bildete der Industrieindex vor den Transportwerten ein Hoch aus. In diesen Fällen funktionierte das vermeintliche Warnsignal also gar nicht bzw. umgekehrt. Und es gab wieder das Timing-Problem.
Doch beim Blick auf die Charts fällt noch etwas Entscheidendes auf: In den vergangenen Jahren hat sich der Transportindex deutlich stärker entwickelt als der stärker beachtete Dow Jones Industrial. Insofern könnte die aktuelle Divergenz auch einfach ein leichtes Schließen der Schere darstellen.
Die Schere schließt sich lediglich
Schauen wir uns dazu den obigen Chart in einem längeren Zeitraum an, zum Beispiel über ein volles Jahr:
Oder auch über einen Zeitraum von 10 Jahren:
In beiden Fällen kann man tatsächlich zu dem Ergebnis kommen, dass die Industriewerte die vorangegangene Outperformance der Transportwerte lediglich aufholen und sich die Schere zwischen den beiden Indizes einfach schließt.
Aufwärtstrends sind in beiden Indizes intakt
Dies ändert natürlich nichts an der Tatsache, dass die Transportwerte seit einem halben Jahr schwächer performen als die Industriewerte. Doch es ändert ein wenig die Perspektive. Und dabei zeigt sich recht deutlich, dass die Kurse zwar phasenweise konsolidieren oder gar korrigieren, der Aufwärtstrend in beiden Indizes aber intakt ist. Insofern bestätigen sich die Indizes gemäß der Dow Theorie eher noch gegenseitig als dass sie ein Warnsignal abgeben. Das gilt vor allem dann, wenn der Transport-Index bald ein neues Allzeithoch markiert, wozu ihm bereits wenige Prozentpünktchen genügen würden.
Ein Warnsignal liegt also noch längst nicht vor. Dieses würde erst dann vorliegen, wenn auch der Dow Jones (Industrie-Index) in eine Abwärtsbewegung übergeht. Allerdings muss diese im übergeordneten Trend vorliegen (denn für kurzfristige Signale ist die Dow-Theorie ohnehin nicht anwendbar).
Aber selbst wenn einer der beiden Indizes demnächst in eine schärfere Korrektur übergehen würde, wüsste man noch längst nicht, ob oder wann der andere Index folgt. Dies haben die oben genannten Beispiele gezeigt. Einen Hinweis auf eine bevorstehende Korrektur kann man aus dem Vergleich der beiden Indizes also nicht ableiten.
Das heißt nun natürlich nicht, dass es nicht bald zu einer Korrektur kommen kann. Doch diese würde ich eben anhand von anderen Hinweisen erwarten - zum Beispiel aufgrund der Saisonalität. Dazu in den nächsten Tagen mehr.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Geldanlage
Ihr
Sven Weisenhaus
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