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Steuerreform und Zinsdifferenz ziehen Anleger in die USA

Ausgabe vom 14.12.2017

Steuerreform und Zinsdifferenz ziehen Anleger in die USA

von Sven Weisenhaus

Die gestrige Zinsentscheidung der Fed und die Ergebnisse der heutigen EZB-Sitzung fielen erwartungsgemäß aus (siehe unten). Sie waren damit eigentlich Non-Events. Dennoch könnten sie mittelfristig Bedeutung für die Märkte bekommen. Das deutet auch schon eine interessante Beobachtung an, die man derzeit machen kann.

Die Aktienindizes im Euro-Raum entwickeln sich seit geraumer Zeit, aber insbesondere seit Anfang November (siehe Chart), schwächer als ihre Pendants aus den USA.

Vergleich der Aktienindizes
(erstellt mit: ariva.de)

Ein Grund dafür sind sicherlich Umschichtungen von Euro-Aktien in US-Staatsanleihen wegen der zunehmenden Zinsdifferenz. Für defensiv ausgerichtete, international agierende Investoren ist es eben lukrativer, bei höheren Zinsen im US-Dollar zu investieren als bei Nullzinsen im Euro. Ein anderer Grund für die relative Stärke der US-Indizes ist die Steuerreform von Donald Trump. Denn diese sieht auch niedrigere Steuern vor für Gelder, die von US-Unternehmen zurück in die USA geholt werden. Obwohl die Steuerreform noch nicht endgültig beschlossen und damit wirksam ist, setzen Anleger wie üblich bereits frühzeitig auf den erwarteten Effekt.

Während im DAX also bereits seit dem Hoch vom 7. November eine Korrektur oder Konsolidierung läuft, konnten sich die US-Indizes dank des Kapitalzuflusses trotz höherer Bewertung noch dagegen stemmen und weiter zulegen.

Wie passt die Kursentwicklung von EUR/USD ins Bild?

Allerdings passt die stabile Entwicklung des Euro zum US-Dollar nicht so recht in dieses Bild. Bezüglich der Gründe für die relative Schwäche der europäischen Aktienindizes - insbesondere DAX und Euro STOXX 50 - gegenüber den US-Indizes gibt es also noch ein kleines Fragezeichen.

Eine Antwort darauf könnten allerdings die besseren Wachstumsaussichten der Eurozone gegenüber den USA sein. Dazu der direkte Vergleich aus den aktuellen Projektionen der Notenbanken EZB und Fed, die unten noch genauer besprochen werden:

Wachstumserwartungen der Fed:
2017: 2,4 - 2,5 % (zuvor: 2,2 - 2,5 %)
2018: 2,2 - 2,6 % (zuvor: 2,0 - 2,3 %)
2019: 1,9 - 2,3 % (zuvor: 1,7 - 2,1 %)

Wachstumserwartungen der EZB:
2017: 2,4 % (zuvor: 2,2 %)
2018: 2,3 % (zuvor: 1,8 %)
2019: 1,9 % (zuvor: 1,7 %)

Von der Fed wurden die Wachstumsprognosen für die Jahre 2017 bis 2019 im Mittel um insgesamt 0,55 Prozentpunkte angehoben, von der EZB dagegen um insgesamt 0,9 Prozentpunkte. Der Unterschied ist zwar nicht besonders groß, aber dennoch ausreichend, um dem Euro heute zwischenzeitig wieder etwas unter die Arme zu greifen. Er legte während der EZB-Pressekonferenz zeitweise deutlich zu. Und auch der DAX zeigte eine deutliche Erholung. Vom Tagestief bei 13.010 Punkten legte er kurzzeitig bis auf 13.160 Zähler zu. Der Dow Jones gab dagegen ab.

Das sind aber nur die kurzzeitigen Kursbewegungen des Tages. Entscheidender sind natürlich die Verläufe der vergangenen Wochen. Und hier wird sich nun zeigen, ob sich diese nach den aktuellen Notenbankentscheidungen fortsetzen oder umkehren.

Eigene Erwartungen

Ich könnte mir jedenfalls vorstellen, dass auch die US-Indizes langsam am Hoch angekommen sind und sie den Rest des Jahres nur noch konsolidieren, bevor es dann zu einem schärferen Rücksetzer kommt. Das dürfte den DAX weiterhin im Bereich der 13.000er Marke halten, womit morgen zum Verfallstag wieder eine Prognose aufginge (siehe Börse-Intern vom vergangenen Freitag). Beim EUR/USD könnte sich in den kommenden Tagen und Wochen die Konsolidierung auf hohem Niveau fortsetzen, mit leicht fallender Tendenz.

Fed erhöht Leitzins

von Sven Weisenhaus

Die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) hat gestern wie erwartet den Leitzins um 25 Basispunkte auf einen Zielkorridor von 1,25 bis 1,50 % angehoben. Die Entscheidung zum dritten Zinsschritt des Jahres erfolgte nicht einstimmig. Zwei Mitglieder des Offenmarktausschusses (FOMC) votierten gegen die Zinsanhebung und für eine Beibehaltung des bisherigen Niveaus (siehe Grafik - die Punkte stehen für die jeweiligen Zinserwartung der einzelnen Fed-Mitglieder). Für das kommende Jahr visiert die Notenbank im Mittel dennoch weiterhin drei Zinsanhebungen an. Auch für 2019 sind die Zinserwartungen unverändert.

Zinserwartungen der FOMC-Mitglieder
Zinserwartungen der FOMC-Mitglieder (Quelle: federalreserve.gov)

Höheres Wachstum durch Trumps Steuerreform

Im Vergleich zur vorangegangenen Sitzung im September erwartet die Fed nun ein höheres Wirtschaftswachstum (siehe auch folgende Tabelle):
2017: 2,4 - 2,5 % (zuvor: 2,2 - 2,5 %)
2018: 2,2 - 2,6 % (zuvor: 2,0 - 2,3 %)
2019: 1,9 - 2,3 % (zuvor: 1,7 - 2,1 %)

Fed-Projektionen
(Quelle: federalreserve.gov)

Grund dafür ist Trumps Steuerreform, die das Wachstum in den nächsten Jahren anschieben wird. Die Notenbank ist aber deutlich pessimistischer, was den Effekt auf das Wachstum angeht, als es der Senat ist. So wurden die Wachstumsprognosen für die Jahre 2018 bis 2020 von der Fed nur um insgesamt 0,7 Prozentpunkte angehoben. Der Senat erwartet dagegen einen Effekt auf das BIP von jährlich 0,8 % in den nächsten zehn Jahren. (Ich persönlich halte die Erwartungen der Notenbank für realistischer.)

Fed äußert Bedenken wegen der steigenden Verschuldung

Allerdings würde selbst dann nur etwa ein Sechstel der Steuersenkung durch diese Wachstumseffekte ausgeglichen. Unter dem Strich bleibt daher ein Anstieg des Haushaltsdefizits, der im Jahr 2020 mit 207 Milliarden Dollar seinen Höhepunkt erreichen würde. Fed-Chefin Janet Yellen sagte in der gestrigen Pressekonferenz, sie mache sich persönlich Sorgen um die Verschuldungssituation. Die Staatsverschuldung sei besorgniserregend, stelle aber kein kurzfristiges Risiko dar. In einer künftigen Schwächephase könnten weitere konjunkturelle Stimulierungsmaßnahmen dadurch aber begrenzt werden, so Yellen.

Sinkende Inflationserwartung trotz stärkerer Wachstumsperspektiven

Trotz verbesserten Erwartungen für die US-Wirtschaft und den Arbeitsmarkt, der von der Fed auch leicht besser gesehen wird (siehe auch Tabelle oben), sieht die Notenbank interessanterweise in den Jahren 2017 und 2018 im Vergleich zur letzten Projektion eine etwas schwächere Kerninflation (siehe auch Tabelle oben):
2017: 1,5 % (zuvor: 1,5 - 1,6 %)
2018: 1,7 - 1,9 % (zuvor 1,8 % - 2,0 %)
Damit erwarten die FOMC-Mitglieder offensichtlich einen schwächeren Zusammenhang zwischen Arbeitslosenquote und Inflation. Demnach wird die Steuerreform also nur die Wirtschaft leicht anschieben, nicht jedoch die Inflation. Und so erklärt sich auch, dass der Leitzinspfad trotz der Wachstumsimpulse durch die Steuerreform unverändert geblieben ist.

US-Inflation legt im November zu - Kernrate jedoch rückläufig

Dazu passen auch die aktuellen Daten zu den US-Verbraucherpreise, die gestern noch vor dem Zinsentscheid der Fed veröffentlicht wurden. So erhöhte sich die jährliche Inflation im November wegen höherer Ölpreise auf 2,2 %, nach 2,0 % im Oktober. Gegenüber dem Vormonat stiegen die Preise um 0,4 %. Beide Zahlen wurden von den Märkten genau so erwartet. Gleichzeitig ging die Kerninflation, die schwankungsanfällige Preisarten wie Energie und Lebensmittel außen vor lässt, im selben Zeitraum zurück. Im Vergleich zum Vormonat legte die Kernrate um 0,1 % zu und im Vergleich zum Vorjahr um 1,7 %. Hier hatten die Märkte etwas mehr erwartet, und zwar 0,2% bzw. 1,8%.

Fazit zum Zinsentscheid der Fed

Da die Projektionen nur geringfügig verändert und die Erwartungen der Märkte mit der Zinsanhebung erfüllt wurden, reagierten die Börsenkurse nur geringfügig. Letztlich wurde die Fed-Sitzung schnell zum Non-Event.

EZB setzt Geldpolitik unverändert fort

von Sven Weisenhaus

Auch die Europäische Zentralbank (EZB) hat die Markterwartungen erfüllt. Der EZB-Rat beschloss heute, die Leitzinsen unverändert zu belassen. (Der Zinssatz für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte sowie die Zinssätze für die Spitzenrefinanzierungsfazilität und die Einlagefazilität liegen also unverändert bei 0,00 %, +0,25 % bzw. -0,40 %.) Und die Anleihekäufe werden wie geplant ab Januar 2018 auf 30 Mrd. Euro halbiert und bis Ende September 2018  fortgesetzt.

Auch die „Forward Guidance“ wurde nicht verändert. Das heißt, dass die EZB ihr Niedrigzinsversprechen beibehalten hat (die Zinsen werden weit über das QE-Programm hinaus auf aktuellem Niveau bleiben) und nach wie vor betont, das Anleihekaufprogramm notfalls auszuweiten. - Die EZB behält damit ihre Geldpolitik absolut unverändert bei.

Wachstumserwartungen kräftig angehoben

Und das, obwohl der EZB-Rat die Wachstumsprognose zum Teil kräftig angehoben hat (siehe auch folgende Tabelle):
für 2017 von 2,2 % auf 2,4 %
für 2018 von 1,8 % auf 2,3 % und
für 2019 von 1,7 % auf 1,9 %

EZB-Projektionen
(Quelle: EZB)

Zudem sieht es EZB-Chef Mario Draghi als nicht sehr wahrscheinlich an, dass die Geldpolitik wegen einer Eintrübung des Ausblicks wieder gelockert werden muss. Die EZB sei heute zuversichtlicher als vor zwei Monaten, dass die Ziele erreicht werden.

Inflationsprognosen wurden leicht erhöht

Die Inflation soll sich nach den aktuellen EZB-Projektionen (siehe auch Tabelle oben) in den kommenden Monaten etwas abschwächen und anschließend wieder anziehen. Dabei geht die Notenbank für 2018 nun von einem etwas höheren Wert aus:
für 2017 unverändert 1,5 %
für 2018 1,4 % (zuvor: 1,2 %)
für 2019 unverändert 1,5 %
für 2020 unverändert 1,7 %

Grund für die Anhebung der Inflationserwartungen im kommenden Jahr sind die gestiegenen Ölpreise. Im September unterstellten die EZB-Experten für 2018 einen Ölpreis von 52,6 USD je Barrel. Aktuell liegt der Ölpreis allerdings bei rund 63 USD. Und daher liegt die Prognose der EZB für 2018 nun bei einem durchschnittlichen Preis in Höhe von 61,6 USD (siehe Tabelle).

EZB Erwartungen für den Ölpreis
(Quelle: EZB)

Fazit zum Zinsentscheid der EZB

Genau wie die US-Notenbank ist auch die Europäische Zentralbank optimistischer. Allerdings hat die EZB ihre Prognosen für das Wachstum und die Inflation in der Eurozone kräftiger angehoben als die Fed ihre Erwartungen für die USA. Das hatte auch kurzfristig stärkere Auswirkungen auf die Börsenkurse (siehe oben).


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Ihr
Sven Weisenhaus
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