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Was Sie in der Sommerflaute beachten sollten

Ausgabe vom 28.08.2017

Was Sie in der Sommerflaute beachten sollten

von Torsten Ewert

Sehr verehrte Leserinnen und Leser,

in der vergangenen Woche hatte Sven Weisenhaus schon darauf hingewiesen: Derzeit herrscht Langeweile an den Börsen – es ist halt Sommerflaute. Das hat konkrete Auswirkungen auf die Kursverläufe, die Sie beim Trading beachten sollten. Sonst besteht die Gefahr, in eine typische Sommerfalle zu tappen.

Indizien für die Sommerflaute

Es gibt mehrere Anzeichen für die Sommerflaute. Am häufigsten sind das sehr geringe oder hektische, aber richtungslose Kursausschläge, die dazu führen, dass die Indizes seitwärts dahindümpeln. Weil die Medien aber auch für solche Kursbewegungen „Begründungen“ liefern müssen, lesen Sie dann mitunter etwas abwegige Kommentare – in der Vorwoche z.B., dass die Anleger das Notenbanker-Treffen in Jackson Hole „mit Spannung“ erwartet hätten und daher im Vorfeld zurückhaltend blieben (siehe Börse-Intern vom 23.08.2017).

Aber im Grunde gibt es eine ganz einfache Faustregel für die Sommerflaute: Nach der Berichtssaison zum zweiten Quartal, die spätestens ab Mitte August „durch“ ist, schalten die Börsen bis zum Labor Day in den Sparmodus. Der Labor Day ist der erste Montag im September; am Tag danach ist unter anderem Schulbeginn und damit die Sommerpause endgültig vorbei. (In diesem Jahr fällt der Labor Day auf den 4. September, also den Montag der kommenden Woche.)

In diesen drei bis vier Wochen müssen insbesondere Trader und Charttechniker vorsichtig mit ihren Interpretationen sein. Die geringen Kursausschläge und das häufig deutlich geringere Volumen senken die Signalqualität erheblich. Wenn man das nicht berücksichtigt, läuft man Gefahr, Kursbewegungen zu überbewerten.

Die aktuelle Lage im S&P 500

Diese Möglichkeit besteht auch aktuell. Sven Weisenhaus hatte in der Vorwoche ja darauf hingewiesen, dass die US-Indizes ihr theoretisches Aufwärtskurspotenzial ausgeschöpft haben (siehe Börse-Intern vom 24.08. und 25.08.2017). Da liegt es natürlich nahe, nach kurzfristigen bearishen Hinweisen in den Charts zu suchen, die auf die mögliche große Korrektur hinweisen.

Und auf den ersten Blick wird man da sogar fündig. Dazu der Chart des S&P 500:

 

Kurzfristig läuft der Kurs in einem flachen und recht breiten Aufwärtstrend, der seit März gültig ist. Im Juli gelang der Ausbruch daraus nach oben, wobei es kurze Zeit später zu zwei Rücksetzern an die Oberkante des Trends kam, die den Ausbruch eigentlich bestätigten (siehe grüne Pfeile).

Ist das ein Short-Einstiegssignal?

Aber mit dem bisherigen Hoch scheiterte der S&P 500 kurz vor der 2.500-Punkte-Marke (siehe gelbe Ellipse) und fiel wieder in den alten Kanal zurück. Danach bildete sich ein erstes niedrigeres Hoch (siehe roter Pfeil). Dieses lag im Bereich der oberen Trendlinie und bestätigte damit den Rückfall in den Trend. Inzwischen erkennen wir sogar einen ersten Abwärtstrend (rot). Kurzfristig ist die Lage im S&P 500 also klar bearish.

Zuletzt gab es zudem zwei weitere niedrigere Hochs, die genau auf dem Niveau des alten Hochs vom Juni bei 2.453,82 Punkten lagen (siehe schwarze Pfeile). Man könnte nun meinen, dass dadurch die bearishe Lage verstärkt wird. Insbesondere die Kerze vom Freitag mit ihrem langen „Docht“ nach oben ist für sich schon ein bearishes Signal. Sie scheint sich daher sehr gut als Einstiegssignal für einen Short-Trade zu eignen.

Die Gründe, warum die Bären doch nicht so stark sind

Doch Vorsicht! Die Lage ist keineswegs so eindeutig. Ein Grund dafür kann die aktuelle Sommerflaute sein. Die Stärke der Bären ist jedenfalls noch nicht bewiesen. Und die jüngsten Signale sind zumindest etwas zweifelhaft. Und das sind die Gründe dafür:

Wir sahen im August zwei starke Rückschläge im S&P 500 (siehe blaue Pfeile). Mit dem ersten fiel der Kurs unter das alte Allzeithoch zurück (siehe rote Linie). Eigentlich war das ein klar bearishes Signal: Der Ausbruch über das alte Hoch erwies sich als Fehlsignal und die 2.500er Marke konnte zuvor nicht erreicht werden.

Doch was machten die Bären daraus? Nichts! Der Kurs drehte sofort wieder nach oben und überwand erneut die rote Linie. Kurz danach schlugen die Bären erneut zurück und warfen den S&P 500 wieder unter die rote Linie – diesmal sogar mit einer noch längeren roten Kerze! Aber selbst daraus konnten sie nichts machen, denn erneut gelang den Bullen kurz darauf eine Gegenbewegung. Und seitdem driften die Kurse trotz der oben genannten, vermeintlich bearishen Signale nur seitwärts.

Warum „Inside Day“-Signale bedeutungslos sind

Um die Schwäche der Bären zu veranschaulichen, fahren wir ausnahmsweise einmal näher an das aktuelle Geschehen heran (siehe folgender Chart):

 

Hier habe ich Ihnen die Kursbereiche der Kerzen des starken Rückschlags vom 17. August sowie der darauffolgenden Gegenbewegung jeweils grau schattiert. Sie sehen, dass sich die Kurse immer noch innerhalb dieser Kursspannen befinden. Abgesehen von den beiden Tagen unmittelbar nach dem starken Rückfall gelang es also den Bären bisher nicht, die Kurse weiter und vor allem nachhaltig nach unten zu treiben.

Mehr noch: Seit der Gegenreaktion der Bullen (siehe linker schwarzer Pfeil) blieben die Kurse der folgenden drei Tage innerhalb der Kursspanne dieser langen weißen Kerze. Solche Tageskerzen heißen folglich „Inside Days“ – und sie sind charttechnisch völlig bedeutungslos.

Schwächeln die Bären in der Sommerflaute?

Der Grund dafür liegt auf der Hand: Nach einer starken Kursbewegung gelang es keiner Seite mehr, die Kurse signifikant in ihre Richtung zu treiben. Inside Days deuten also auf Unentschlossenheit hin. Aktuell ist das zunächst ein Schwächezeichen der Bullen, die aus ihrer Gegenbewegung kein weiteres Kapital schlagen konnten. Aber die Bullen sind ja derzeit ohnehin im Hintertreffen.

Viel bemerkenswerter ist, dass es auch den Bären (noch) nicht gelang, aus dieser Situation mehr zu machen.

Wie gesagt, das kann sehr gut an der Sommerflaute liegen. In jedem Fall ist es aber ein Warnsignal, dass die Kraft der Bären zumindest im sehr kurzfristigen Rahmen doch nicht so groß ist, wie die Chartlage insgesamt suggeriert.

Was Sie jetzt tun sollten

Wenn Sie so etwas feststellen, sollten Sie vorsichtig werden und auch scheinbar offensichtlichen Signalen nicht trauen. Besser ist es, weitere Bestätigungen für das vermutete Szenario abzuwarten. In diesem Fall wäre es mindestens ein Rückfall unter die lange weiße Kerze vom vergangenen Dienstag. Dieser Rückfall sollte möglichst dynamisch erfolgen.

Wer nicht auf Intra-Day-Basis handelt, wird vielleicht sogar auf einen Rückfall unter das jüngste Zwischentief als Bestätigung warten wollen. Dann allerdings erscheint das weitere Abwärtspotenzial doch recht begrenzt. Denn spätestens an der Unterkante des Aufwärtstrends (siehe oberer Chart) oder auch schon im Bereich der grünen Unterstützungszone ist mit der nächsten Gegenbewegung der Bullen zu rechnen.

Das Chance-Risiko-Verhältnis für einen Short-Trade wird dann schon denkbar schlecht. Aber das ist ja der Vorteil als privater Trader: Man muss nicht jedes Signal unbedingt handeln, sondern kann dem Spiel auch mal eine Weile von der Seitenlinie aus zusehen. Und wenn dann die Kursbewegungen und Signale wieder klarer sind, steigt man aufs Neue ein.

Viel Erfolg dabei wünscht Ihnen in jedem Fall

Ihr Torsten Ewert

Trader-Sentiment für 35. KW 2017 (28.08. - 01.09.)

von Sven Weisenhaus

Vor einer Woche berichteten wir über einen derart hohen Pessimismus unter den Anlegern, wie wir ihn seit dem 17. April 2017 und damit vier Monaten nicht mehr erlebt hatten. Daher war die Erwartung aus dem Sentiment als Kontraindikator klar: Die 58,81 % Bären würden eine sehr unbefriedigende Woche erleben. Denn fallende Kurse waren bei diesem Stimmungsbild kaum wahrscheinlich.

Zwar kam es dennoch am Montag zu Kursverlusten (siehe dunkles Rechteck im folgenden Chart), doch schon am Dienstag waren diese wieder vollständig aufgeholt. Und anschließend bewegte sich der DAX fast ausschließlich im positiven Bereich. Mit einem Schlusskurs von 12.167,94 Punkten blieb der Index auch am Ende oberhalb des Schlusskurses der Vorwoche (12.165,19, blaue Linie im Chart), wenn auch nur minimal.

Damit konnte das Sentiment zwar nicht so eindeutig als Kontraindikator punkten, wie in den vier Wochen zuvor, doch das Endergebnis ist letztlich erneut sehr überzeugend. Und die Bären dürften wohl nur am Montag einen leichten Anflug von Befriedigung erhalten haben.

Das hat auch Spuren in der Anlegerstimmung hinterlassen. Durch die stabile Entwicklung des DAX scheint sich der kurze Ausbruch auf unter 12.100 Punkte bislang tatsächlich als Fehlsignal bzw. finaler Ausverkauf der Korrektur herausstellen. Und so ist von dem hohen Pessimismus der Vorwoche in der aktuellen Umfrage nicht mehr viel übrig geblieben. Statt 58,81 % gehen nun nur noch 50,89 % der Teilnehmer von fallenden Kursen aus.

Mit auf der anderen Seite 49,11 % Bullen ist das Ungleichgewicht so gering, dass man von einer ausgeglichenen Stimmung oder einer Unsicherheit bezüglich des weiteren Kursverlaufs sprechen kann. Diese Unentschlossenheit ist durchaus verständlich, denn abgesehen von den zwei kurzen Ausflügen auf unter 12.100 Punkte pendelt der DAX schon seit Monatsbeginn seitwärts und zeigt sich damit ebenfalls unentschlossen.

Mit dem aktuellen Stimmungsbild könnte sich diese Tendenz sogar noch etwas fortsetzen. Denn die Lager der Bullen und Bären sind in etwas gleich gefüllt, womit ähnlich große Kräfte am DAX ziehen. Doch eine klare Prognose lässt das Sentiment derzeit nicht zu. Denn es ist nur bei starken Ungleichgewichten in der Anlegerstimmung ein zuverlässiger (Kontra-)Indikator.


Ihr
Sven Weisenhaus
- Stockstreet-Team -
www.trader-sentiment.de

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