Die Börsen und der Iran-Krieg

von Torsten Ewert

Heute ist das beherrschende Thema in den Medien und an den Börsen das US-Bombardement der iranischen Atomanlagen vom Wochenende. Wobei wieder einmal eine Diskrepanz zwischen der medialen Aufregung und den Kursreaktionen erkennbar ist.

Warum ein starker Ölpreisanstieg möglich erscheint ...

Dafür gibt es zweifellos gute Gründe, aber selbst, wenn wir uns auf die Kommentare zu den möglichen Effekten auf die Finanzmärkte beschränken, sind die Unterschiede beträchtlich.

So wird allerorten ein starker Ölpreisanstieg beschworen, insbesondere für den Fall, dass es zu iranischen Gegenmaßnahmen in der Straße von Hormuz kommen sollte. Diese gilt als das Nadelöhr der globalen Ölversorgung, da aus dem Persischen Golf rund 20 % der Gesamtliefermenge an Rohöl kommen. Und diese Menge muss fast ausschließlich per Tanker durch diese Meerenge transportiert werden , da der Persische Golf eine Sackgasse ist:

Alternative Transportwege gibt es praktisch nicht; die Pipeline durch Saudi-Arabien könnte höchstens einen Bruchteil dieser Menge aufnehmen.

… Und was die Börsen einpreisen

Ein Wegfall dieses Volumens - wodurch auch immer verursacht - könnte also durch den entsprechenden Angebotsrückgang in der Tat zu einem starken Preisanstieg führen. Ob dieser dann wirklich 120 oder 140 Dollar pro Barrel erreicht, wie manche Analysten schätzen, sei dahingestellt.

Doch die Börsen würde alleine die Gefahr dieser Möglichkeit einpreisen, wenn sie diese für realistisch hielten. Doch genau das geschieht nicht. Im Gegenteil: Nach einem anfänglichen, allerdings unspektakulären Preisanstieg nach Handelsbeginn in der Nacht zum Montag fielen die Ölpreise im Tagesverlauf wieder zurück und tauchten sogar unter die Hochs ab, die nach dem Beginn des israelischen Angriffs am 13. Juni markiert wurden (siehe Pfeile im folgenden Chart). Von den bisherigen Jahreshochs von Mitte Januar bleiben sie damit in respektvoller Entfernung:

Die Aktienmärkte zwischen entspannt und euphorisch

Auch die Aktienmärkte sollten unter dem Eingreifen der USA in den Iran-Krieg leiden. So werden Gegenschläge Irans auf US-Militärbasen oder andere US-amerikanische Einrichtungen in der Region erwartet. Auch eine weitere Ausweitung des Konflikts auf Nachbarländer wird nicht ausgeschlossen.

Doch auch hier gilt: Derartige Gefahren würden die Investoren bereits jetzt einpreisen. Doch zumindest an den Aktienmärkten ist davon nichts zu sehen. Zwar gab es in Asien und Europa leichte Verluste, aber diese liegen im normalen täglichen Schwankungsbereich. Die US-Indizes bewegten sich etwa eine Stunde nach Handelsbeginn sogar leicht im Plus. Die großen Aktienmärkte bleiben also trotz der Eskalation entspannt.

Und der TA-125, der israelische Leitindex, der schon am Sonntag wieder gehandelt wurde, erreichte nach den Luftschlägen der USA sofort nach Handelsbeginn sogar ein frisches Allzeithoch (siehe Pfeil im folgenden Chart):

Hier herrschte zunächst also sogar so etwas wie Euphorie, die jedoch inzwischen abklingt.

Kein Grund zur Panik!

Die Börsen schließen sich damit vorerst den Aussagen der israelischen und US-amerikanischen Politik an, wonach dem Iran nach den konzentrierten Angriffen die Mittel zu substantiellen Gegenreaktionen fehlen. Ob diese Einschätzung richtig ist, werden die nächsten Tage und Wochen zeigen - und vor allem die Börsenkurse.

Derzeit besteht jedoch kein Grund, der Panik nachzugeben, die in den Medien zu diesem Krieg zum Teil kräftig geschürt wird.

Mit besten Grüßen

Torsten Ewert