Bernanke zeigt sich besorgt, aber entschlossen
US-Konjunkturdaten
Sharewise-Sentiment
Bernanke zeigt sich besorgt, aber entschlossen
von Jochen Steffens
Nun hat auch Ben Bernanke die Sorgen der Fed auch offiziell bestätigt. Er hat gestern vor dem US-Senat gesagt, dass der Ausblick für die US-Wirtschaft „ungewöhnlich unsicher“ sei. Sorge bereite insbesondere die zögerliche Entwicklung des US-Arbeitsmarkts. So seien im ersten Halbjahr 2010 weniger Arbeitsplätze geschaffen worden, als für eine nachhaltige Erholung notwendig sei. Es werde wahrscheinlich viel Zeit brauchen, die verloren gegangenen Arbeitsplätze wieder aufzubauen. Auch auf den nach wie vor schwachen Häusermarkt ging er ein: Hier belaste weiterhin das Überangebot an Immobilien die Preise. Interessanterweise nannte Ben Bernanke auch die europäische Schuldenkrise als großen Unsicherheitsfaktor.
Seine Schlussfolgerung ist eindeutig: Die Leitzinsen werden noch für einen längeren Zeitraum sehr niedrig bleiben. Erst wenn Inflationsszenarien abzusehen seien, werden über Zinserhöhungen nachgedacht werden müssen. Doch nicht nur das, er bestätigte, was bereits im Vorfeld durchgesickert war (ich hatte davon berichtet): Die Fed werde weitere Schritte beschließen, um die US-Wirtschaft zu unterstützen.
Deflationsbekämpfung und das Japan-Deflations-Syndrom
Offensichtlich ist, dass die Fed immer noch tief in der Bekämpfung der Deflation steckt. Für Ben Bernanke, als Ökonom alter Schule, scheint es unverständlich, dass die geldpolitischen Maßnahmen und die niedrigen Zinsen nicht zu mehr Inflation und damit auch zu mehr Arbeitsplätzen geführt haben.
Es ist das Japan-Deflations-Syndrom. Die enormen, zum Teil ungedeckten Schulden, die bei US-Banken in den Büchern stehen, verhindern nach wie vor, dass das Geld in die Wirtschaft fließt. Die Finanzkrise hat insgesamt dazu geführt, dass Kredite nicht mehr so einfach vergeben werden.
Und hier liegt das Problem. Nach Auffassung der Fed sind noch mehr Kredite der einzige Weg aus der Kreditkrise. Feuer wird also mit Feuer bekämpft.
Die entscheidende Frage wird sein, wie sich das hohe Ungleichgewicht abbaut: Entweder bleibt die Wirtschaft so lange schwach, bis die ungedeckten Kredite gedeckt oder aus den Büchern sind - und das kann lange dauern -, oder aber neue Kredite werden das ungedeckte Kreditvolumen überkompensieren. Und an dieser Frage entscheidet sich auch, ob wir eine Deflation oder eine Inflation erleben werden.
Die erste Reaktion der Märkte war negativ
Die US-Märkte reagierten zunächst auf diese Aussagen von Ben Bernanke zunächst mit deutlichen Kursabschlägen. Der DAX zeigte sich hingegen heute sehr fest. Das wurde in den Medien mit guten Wirtschaftszahlen in der EU, den weiter guten Zahlen von US-Unternehmen und den gut aufgenommenen Zahlen von Nokia begründet.
Ich vermute hingegen, dass es vielmehr mit der Ankündigung Ben Bernankes zu tun hat, weitere Maßnahmen zu beschließen, die US-Wirtschaft zu unterstützen. Niedrige Zinsen und weitere Maßnahmen sind genau das, was die Börsen hören wollen.
Aber Vorsicht ist trotzdem noch geboten. Wir stecken immer noch innerhalb einer unglaublichen Schaukelbörse ohne wirklich eindeutige Richtung.
S&P500 probt den Ausbruch
Allerdings versucht der S&P500 nun im zweiten Anlauf den Abwärtstrend zu brechen. Das wäre ein weiterer bullisher Hinweis. Allerdings ist es ein Zeichen der Schwäche, dass er das nicht direkt beim ersten Mal nach dem Fehlausbruch nach unten unter die Nackenlinie geschafft hat. Nach diesem Fehlausbruch hätte es zu einem dynamischen Anstieg an die alten Hochs kommen sollen. Diese kleine Schwäche ist ein Hinweis darauf sein, dass es nun etwas länger dauern könnte, bis die alten Hochs erreicht werden. Dazu aber in den nächsten Tagen mehr.
US-Konjunkturdaten
von Jochen Steffens
Die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe ist in der vergangenen Woche überraschend um 37.000 auf 464.000 gestiegen. Analysten hatten mit einem Anstieg auf lediglich 445.000 Anträge gerechnet. Der Vierwochendurchschnitt erhöhte sich damit auf 456.000.
Es ist einfach keine nachhaltige Beruhigung auf dem US-Markt zu erkennen. Doch der Markt reagierte auf diese Zahlen kaum. Auch ein Zeichen, dass es bei diesem Anstieg heute um etwas anderes ging, als Zahlen und Daten.
Die Zahl der Verkäufe bestehender Häuser ist im Juni um saisonbereinigt 5,1% auf einen Jahreswert von 5,37 Mio. gefallen. Analysten hatten jedoch mit einem stärkeren Rückgang um 8,1% auf 5,20 Mio. gerechnet. Im Mai hatte der Wert noch bei 5,66 Mio. gelegen.
Schlechte Zahlen, aber nicht so schlecht wie erwartet. Trotzdem kann man auch beim US-Häusermarkt noch nicht von einer nachhaltigen Beruhigung sprechen.
Nach den schlechten US-Konjunkturdaten der letzten Wochen ist es kein Wunder, dass auch der Index der Frühindikatoren für die Entwicklung der US-Wirtschaft im Juni um 0,2% auf einen Stand von 109,8 Punkten gefallen ist. Doch auch hier hatten die Analysten mit einem stärkeren Rückgang um 0,3% gerechnet. Noch im Mai hatte sich der Index um 0,5% verbessert.
Sharewise Sentiment
von Jochen Steffens
Mit den fallenden Kursen in dieser Woche ist auch das Sentiment deutlicher zurückgekommen. Zurzeit sind lediglich nur noch 53 % bullish. Zwar ist das noch kein Extremwert, aber man sieht, dass in der Seitwärtsbewegungen Werte um 50 % immer in der Nähe von Bewegungstiefs aufgetaucht sind. So gesehen muss man das Sentiment wieder als tendenziell bullish ansehen.