Dienstag, 24. Juni 2008
In dieser Ausgabe:
Die letzte Bastion der Bullen
von Jochen Steffens
So langsam wird es ernst. Der Nasdaq100 hat heute mit den ersten Kursen die gestern beschriebene (rote) Linie nach unten gebrochen. Damit ist jetzt der Weg nach unten frei, das Gap (Kurslücke) bei 1850 Punkten zu schließen.
Dieser Abverkauf passt in etwa zu dem Szenario, das ich Ihnen für den Dax vorgestellt habe:
Dax am Gap, möglicher Doppelboden?
Der Dax hat sein Gap bei 6375-6440 Punkten erreicht und wird es wahrscheinlich auch noch schließen. Dann ist es auch nicht mehr weit bis zur 6200-Punkte-Marke, also dem letzten Tief nach dem starken Einbruch Anfang des Jahres.
Hier kann sich, wie gesagt, ein Doppelboden ausbilden. Um diese Annahme zu bestätigen, müssten sich im kurzfristigen Bild eindeutige Umkehrsignale ausbilden (z.B. eine Kerze mit langem Docht nach unten o.Ä.)
Der S&P500 mit einem Triple-Bottom?
Der US-Index, mit dem der Dax eine hohe Korrelation besitzt, ist der S&P500. Und auch hier sieht man das gleiche Bild. Die Kurse bewegen sich auf das letzte Tief zu, und die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass dieses auch (fast) erreicht wird. Im S&P500 ist allerdings das erste Tief im Januar etwas dynamischer gewesen, so dass wir hier einen möglichen Triple-Bottom (Bottom = Boden) ins Auge fassen sollten.
Wichtige Voraussetzung hierfür ist, dass das dritte Tief, also die aktuelle Abwärtsbewegung, unter deutlich niedrigerem Umsatz generiert wird. Das dürfte aber der Fall sein (der Umsatz ist in dem Chart oben leider nicht eingezeichnet).
Eine sehr gefährliche Formation
Aber jetzt wird es interessant: Normalerweise ist das dreimalige Testen einer Unterstützung höchst gefährlich und in den meisten Fällen ein Hinweis auf weiter fallende Kurse. Damit man wirklich auf einen Tripel-Bottom traden kann, muss sich also vom Tief aus eine dynamische Aufwärtsbewegung entwickeln, die von leicht steigendem Umsatz begleitet ist.
Dieses Tief kann übrigens auch durchaus schon höher gebildet werden, muss also nicht genau das letzte Tief erreichen! (siehe rote Prognoselinien).
Tatsächlich ist diese Bodenformation allerdings erst bestätigt, wenn der Kurs über die Hochs der Zwischenrallyes geht (also über 1440 Punkte). Gut, wenn es jetzt wieder bis dahin ansteigt, braucht man kein Chartexperte zu sein, um zu wissen, dass das Bild wieder deutlich bullisher geworden ist.
Bis dahin ist diese Formation höchst unzuverlässig, und man sollte eigentlich nur sehr vorsichtig auf der Long-Seite investieren. Ohne den Dax und den Nasdaq100 würde ich sogar eher davon ausgehen, dass diese Marke beim dreimaligen Testen nach unten gebrochen wird!
Aber eine höchst zuverlässige Formation
Wird die Formation jedoch bestätigt, hat sie eine erstaunlich hohe Zuverlässigkeit. Es ist eine der stärksten Bodenformationen. Diese leiten sehr oft einen großen und nachhaltigen Trendwechsel ein. (Für den charttechnisch Interessierten: Ein schöner großer Tripel-Bottom bildete sich zum Beispiel im Tief 2002-2003 im S&P500 aus)
Wenn der Boden nicht hält...
Wenn die Kurse jedoch im S&P500 und im Dax nachhaltig unter die letzten Tiefs fallen, dann ist etwas faul im Staate Dänemark. Wir sollten dann langsam anfangen, uns intensiver mit den bearishen Szenarien zu beschäftigen. So gesehen sind diese Tiefs zurzeit die letzten großen Bastionen der Bullen...
Hohe Fehlerquote
Zum Schluss will ich Ihnen aber noch einmal ins Bewusstsein rufen, dass wir im Moment, was die kurzfristigen charttechnischen Interpretationen anbetrifft, mit hohen Fehlerquoten rechnen müssen. Der große Verfallstag und die Zinssitzung der Fed morgen verzerren einfach die Kurse.
Da die Marktteilnehmer damit rechnen, dass sich die Fed morgen zur Inflation äußert und vielleicht sogar Zinserhöhungen ankündigt, ist es nur logisch, dass die Kurse im Vorfeld schwach sind. Im direkten Umfeld der Zinssitzung kommt es dann gerne zu kaum vorhersehbaren Kursentwicklungen, da hier verschiedene Anlger auf verschiedenste Szenarien setzen und man nie weiß, wer die meisten Mittel investiert.
Sell the rumors, buy the facts (Verkauf die Gerüchte, kaufe die Fakten)
Hier kann es dann sein, dass sich die Börse wie eigentlich immer bei erwartet schlechten Nachrichten verhält: Im Vorfeld fallen die Kurse, sobald die schlechte Nachricht raus ist und die ersten Schockreaktionen vom Markt aufgefangen wurden, bewegen sich die Kurse in die andere Richtung.
Also, lassen Sie sich noch nicht zu sehr verrückt machen. Noch gibt es einige interessante und wichtige Marken, an denen sich die Märkte fangen können. Sie sollten jedoch weiterhin höchst vorsichtig agieren. Erst wenn sich neue belastbare Zwischenhochs ausbilden, kann man aus langfristiger Sicht neue große Long-Positionen eingehen.
Selbst wenn die Fed Zinserhöhungen ankündigen wird, ändert das noch nichts daran, dass die Zinsen nach wie vor extrem niedrig sind. Und ich glaube nicht, dass es noch vor der Wahl zu Zinserhöhungen kommen wird. Der Effekt der niedrigen Zinsen ist meines Erachtens noch nicht vollkommen vom Markt eingepreist. Dagegen stehen jedoch der heute auch wieder stark steigende Ölpreis und eventuelle Kriegssorgen. Das macht die Börsensuppe zurzeit etwas versalzen.
Viele Grüße
Ihr
Jochen Steffens
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US-Wirtschaftsdaten: Vertrauen bricht weg!
von Jochen Steffens
Der Index des Verbrauchervertrauens (Conference Board) ist deutlich eingebrochen, er notiert nunmehr auf 50,4 Punkte. Analysten hatten hingegen mit 56,0 Punkten gerechnet, nach 58,1 Punkten zuvor.
Der Index für die Erwartungen wurde für Juni mit 41,0, nach zuvor 47,3 Punkten angegeben. Das ist das historische Rekordtief! Der Index für die Einschätzung der gegenwärtigen Situation verringerte sich auf 64,5, nach 74,2.
Es ist eines der schlechtesten Ergebnisse, die je gemessen wurden. Das letzte Mal kam es Anfang 2003 zu solchen Indexständen. Wir wissen, was daraufhin folgte: Eine große Rally.
Davor gab es Anfang der 90er ähnlich niedrige Stände. Das war immerhin der Begin einer großen 10 jährigen Rallye.
Also auch hier bestätigt sich, dass die Masse, die Stimmung meistens dann am schlechtesten ist, wenn die Kurse vor großen Rallyes stehen. Allerdings ist das Verbrauchervertrauen nicht geeignet, um ein gutes Anlage-Timing zu erzielen. Die Toleranz liegt hier bei Monaten...