Donnerstag, 26. Juni 2008
In dieser Ausgabe:
von Jochen Steffens
Ich entdecke immer wieder Gemeinsamkeiten zwischen Fußball und Börse. Von den Börsen wissen wir, dass jede Regelmäßigkeit, die von der Masse entdeckt und breit diskutiert wird, kurz davor steht, sich aufzulösen. Etwas Ähnliches haben wir jetzt bei der EM erlebt:
Die Türkei hat regelmäßig zum Schluss hin die Spiele noch für sich entscheiden können, selbst wenn sie deutlich zurück lag. Überall war somit vor dem gestrigen Halbfinale zu lesen, dass man, egal wie weit Deutschland auch in Führung sei, mit der Türkei bis zur letzten Minute rechnen müsse! Sprich, diese „Regelmäßigkeit“ des Spielverlaufs in den letzten Spielen der türkischen Mannschaft war Teil der „Massenmeinung“ geworden.
Witzigerweise hatte ich aus Sicht des Börsianers schon vor dem Spiel gedacht, dass sich somit dieses Mal wohl alles anders entwickeln werde. Diese Überlegung hatte jedoch nichts mit meinen “vortrefflichen Fußballkenntnissen“ zu tun (über die ich nicht einmal verfüge), sondern entstand aus den Erfahrungen mit der Börse: Wenn irgendetwas zur Massenmeinung geworden ist, funktioniert es nicht mehr.
Das Ende der Regelmäßigkeit
Trotzdem wuchs nach dem 2 : 1 für Deutschland auch bei mir die Anspannung. Und tatsächlich, auch dieses Mal schien sich zunächst diese Regelmäßigkeit für die Türkei zu bewahrheiten. Kurz vor Schluss fiel das 2:2. Aber dann kippte diese "Regel", denn dieses Mal war es die deutsche Mannschaft, die das Spiel noch in der letzten Minute der regulären Spielzeit für sich entschieden hat. Auch hier scheinen also Regelmäßigkeiten, die bereits breit diskutiert werden, an Wert zu verlieren.
Zu leicht ist nicht gut
Und noch eine andere Parallelität ist mir aufgefallen: Die deutsche Mannschaft scheint in dieser EM gegen vermeintlich starke Mannschaften deutlich besser zu spielen, als gegen vermeintlich schwache. Und so kam sie auch bei dem Spiel gegen die Türkei, ähnlich wie bei dem Spiel gegen Kroatien nicht ins Spiel. Es gab grauenvolle Fehlpässe und man kann nicht sagen, dass es ein schönes Spiel war.
Beim Traden kennen wir einen ähnlichen Effekt. Wenn wir einen wirklich wichtigen Trade vorbereiten, gehen wir von Anfang an hoch konzentriert und mit Achtung und Aufmerksamkeit an diesen heran. In diesen Fällen geschehen dann auch die wenigsten Fehler. Oft sind es aber die „einfachen / simplen“ Trades, denen man gar nicht so recht die notwendige Beachtung schenken will, die sich dann wieder Erwarten zu unangenehmen Verlusten ausweiten.
Irgendwie sind wir Menschen doch alle ähnlich...
Doch nun zu dem wichtigen Statement der Fed
Zunächst die Übersetzung:
Die neuesten Informationen belegen, dass die allgemeine Wirtschaftsaktivität weiterhin aufwärts gerichtet ist, was sich teilweise in der Verfestigung des privaten Konsums widerspiegelt. Allerdings schwächt sich der Arbeitsmarkt weiter ab und an den Finanzmärkten herrscht immer noch eine beträchtliche Anspannung. Schärfere Kreditkonditionen, die anhaltende Krise am Häusermarkt, die steigenden Energiepreise dürften in den kommenden Quartalen das Wirtschaftwachstum belasten.
Das Komitee erwartet, dass sich die Inflation Ende diesen Jahres und im kommenden Jahr abschwächen werde. Allerdings bleibt angesichts des fortgesetzten Anstiegs der Energiepreise und der Preise einiger anderer Rohstoffe und einigen erhöhten Inflationsindikatoren die Ungewissheit hinsichtlich der Inflationsaussichten hoch.
Die substanzielle Lockerung der Geldpolitik, im Zusammenhang mit den fortgesetzten Maßnahmen zur Förderung der Marktliquidität, sollte das Wachstum in nächster Zeit unterstützen. Obwohl weiterhin Abwärtsrisiken für das Wachstum bestehen, haben sich diese etwas vermindert. Gleichzeitig haben sich die Aufwärtsrisiken für die Inflation und die Entwicklung der Inflationserwartungen vergrößert. Das Komitee wird weiterhin die Entwicklung der Wirtschaft und der Finanzen beobachten und falls erforderlich eingreifen, um nachhaltiges Wirtschaftswachstum und Preisstabilität zu gewährleisten.
Keine klare Äußerung in Richtung Zinserhöhung
Festhalten kann man, dass wirklich klare Aussagen in Richtung Zinserhöhungen ausgeblieben sind. Das merkte man auch deutlich an der Reaktion des Dollars, der nach dieser Veröffentlichung deutlich nachgab. Mit dem Satz: „Die substanzielle Lockerung der Geldpolitik im Zusammenhang mit den fortgesetzten Maßnahmen zur Förderung der Marktliquidität sollte das Wachstum in nächster Zeit unterstützen.“ weist die Fed aber darauf hin, dass es eher keine weiteren Zinssenkungen mehr geben wird.
Interessant ist, dass die Fed weiterhin von einem Nachlassen der Inflation ausgeht, das spricht wohl dafür, dass sie mit nicht mehr weiter steigenden Rohstoffpreisen rechnet, obwohl die Fed einräumt, dass das Inflationsrisiko nach wie vor hoch sei.
Der Satz, den einige Analysten in Richtung möglicher Zinserhöhungen deuten, lautet: „Gleichzeitig haben sich die Aufwärtsrisiken für die Inflation und die Entwicklung der Inflationserwartungen vergrößert.“ Wie gesagt, wirklich deutlich ist das nicht, aber dem Markt reichte dieser Satz im Zusammenhang mit der Benennung der hohen Risiken durch die Rohstoffpreise aus, um sich Sorgen zu machen.
Ich vermute gerade auch nach diesem Statement weiterhin, dass die Fed die Zinsen nicht vor der US-Präsidentschaftswahl anheben wird. Dann wird es darauf ankommen, wie sich die Rohstoffpreise entwickelt haben.
Wie ich gerade sehe, hat der Nasdaq100 nun endlich sein erstes großes Gap erreicht. Auslöser war unter anderem ein wieder steigender Ölpreis. Mehr dazu morgen an gleicher Stelle.
Viele Grüße
Ihr
Jochen Steffens
P.S. Vielen Dank für Ihre vielen Mails und für die Charts, die Sie mir zum Verbrauchervertrauen geschickt haben. Zumindest weiß ich jetzt, dass es 1975 noch einen vergleichbaren Fall gab, wo ein Verbrauchervertrauen um die 60 Punkte herum, mit einem entscheidenden Tief an den Märkten zusammengefallen ist. Das bestätigt diese Korrelation.
Allerdings ging es mir weniger um die Charts, als um die „Daten“ selbst, um diese in meine Datenbank einzupflegen. Also falls jemand über die reinen Daten verfügt, würde ich mich freuen.
US-Wirtschaftsdaten
von Jochen Steffens
Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der USA ist in der endgültigen Fassung zum ersten Quartal um 1,0 % gestiegen, nach 0,6 % im 4. Quartal 2007.
Der PCE-Deflator sank leicht von zuvor 3,9 % auf nunmehr 3,6 %. Immer noch Werte die auf deutliche Inflationsgefahren hinweisen.
Die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe in den USA blieb bei 384.000. Erwartet wurden 370.000 bis 375.000 neue Anträge.
Immer noch bleiben die Erstanträge auf hohem Niveau. Auch der Viewochendurchschnitt steigt noch an. Hier ist also keine Entwarnung in Sicht.
Die Unternehmensgewinne in den USA sind im ersten Quartal 2008 nur noch um 2,5 % gestiegen. Der zuletzt vermeldete Anstieg in Höhe von 3,8 % wurde somit deutlich nach unten revidiert.
Die Zahl der US-amerikanischen Hausverkäufe ist im Mai um 2,0 % auf 4,99 Mio. gestiegen. Analysten hatten mit Werten im Bereich von 4,96 bis 5,05 Mio. gerechnet, nach 4,89 Mio. verkauften Häusern zuvor.