Eine fast unnütze Formation
von Jochen Steffens
Gestern konnten wir dann das sehen, was durch den Ölpreiseinbruch zu erwarten war: Der Unterindex „bezahlte Preise“ des Philly Fed, ist deutlich zurückgekommen. Dieser Unterindex ist einer der Frühindikatoren für die Inflationsentwicklung in den USA. Wenn wir eine ähnliche Entwicklung nun auch noch im Chicagoer- Einkaufsmanager Index und den ISM-Indizes erkennen können, werden die Inflationsdaten im September deutlich zurückgehen.
Interessant ist, dass die US-Indizes sich gestern nach diesen Zahlen erholen konnten, obwohl der Ölpreis ebenfalls deutlich zulegte. Das lag unter anderem daran, dass der Dollar nach dem starken Anstieg wieder etwas zurückkam.
Dollar reagiert auf Inflation
Wenn der Inflationsdruck in den USA nachlässt, nimmt auch gleichzeitig der Zinserhöhungsdruck der Fed ab. Niedrige Zinsen belasten eine Währung, deshalb fiel gestern der Dollar.
Niedrige Zinsen führen zu hohem Ölpreis
Ein weiterer Effekt ist, dass niedrige Zinsen auch die Wirtschaft anfeuern. Das wiederum erhöht den Ölverbrauch. Und das war, neben dem schwachen Dollar, ein weiterer Grund für den aprupten Ölpreisanstieg.
Und hier liegt genau das Problem: Ich hatte bereits angekündigt, dass der Ölpreis Ende August anziehen wird, weil er in einem normalen Jahresverlauf sein saisonales Hoch erst im Herbst sieht. Nach dem starken Anstieg in der ersten Hälfte dieses Jahres würde ich zwar nicht unbedingt mit einem neuen Hoch rechnen, aber der Ölpreis kann durchaus bis Oktober noch Stärke zeigen.
Ein steigender Ölpreis führt zu höherem Inflationsdruck
Auf der anderen Seite darf natürlich der Ölpreis jetzt nicht mehr seinen alten Aufwärtstrend fortsetzen. In diesem Fall würde der Inflationsdruck die USA schnell wieder heimsuchen. Das würde sich dann wieder stärkend auf den Dollar und schwächend auf den Ölpreis auswirken.
Betrachtet man diese Zusammenhänge als Ganzes, bedeutet das, dass Öl, Inflation und Dollar in nächster Zeit unter Schwankungen versuchen werden, ein, wenn auch fragiles, Gleichgewicht zu finden. Das gilt natürlich nur so lange, wie keine externen Einflüsse dieses Gleichgewicht erneut stören.
Euro von oben an der alten Unterstützung abgeprallt
Der Euro hat übrigens genau an der 1,46 Dollar-Marke gedreht und scheint, wie prognostiziert, hier erst einmal zu konsolidieren.
Und hier offenbart sich ein weiteres Problem: Sollte der Euro jetzt tatsächlich an dieser wichtigen Unterstützung abprallen und neue Hochs ausbilden, kann es gut sein, dass sich die Dollar-Schwäche in der altbekannten Dynamik fortsetzt. In diesem Fall wird natürlich auch der Ölpreis (in Dollar) neue Hochs ausbilden und der Inflationsdruck in den USA nach einer kurzen Schwächephase wieder erheblich zulegen.
Das wäre ein überaus kritisches Szenario für die Märkte und das müssen wir aus diesem Grund unbedingt im Auge behalten. Eine der wichtigsten Entscheidungen zurzeit wird demnach im Dollar fallen.
Und damit noch einmal zum Dax
Der Dax hat das Kursziel aus der „abc“ ähnlichen Formation (siehe Ausgabe vom 19.08.2008) sehr genau erreicht und dort gedreht. Mit diesem erneuten Bodenversuch besteht eine gute Chance, dass wir weitere Kurssteigerungen sehen. Aber für überzogene Euphorie ist es noch zu früh.
Mittlerweile zeichnet sich nämlich durch das aktuelle Tief eine „Broadening Formation“ ab. Damit bezeichnet man ein sich nach rechts erweiterndes Dreieck (rote Linien).
Formation der Unsicherheit
Leider ist genau das eine Formation, aus der man kaum noch verlässliche Prognosen für die weitere Zukunft ableiten kann. Sie taucht eigentlich immer nur dann auf, wenn große Unsicherheiten den Markt beherrschen. Und genau das ist auch das Einzige, was man aus dieser Formation ablesen kann: Sie steht für Unsicherheit. Das macht diese Formation so „unnütz“. Denn in den meisten Fällen wird der geneigte Börsianer auch ohne diese Formation wissen, wann an den Märkte Unsicherheit herrscht.
Entscheidung bei Ausbruch
Grundsätzlich gilt: Wenn diese Formation in eine Richtung aufgelöst wird, ist eine Entscheidung gefallen. Anschließend kommt es oft zu einer impulsiven und nachhaltigeren Bewegung. Aber auch das ergibt sich eigentlich eher daraus, dass der Kursverlauf innerhalb dieser Formation überwiegend seitwärts gerichtet ist. Alles in Allem ist demnach die Broadening Formation eine Formation, bei der man nur froh sein kann, wenn sie nicht allzu oft auftaucht.
Viele Grüße
Jochen Steffens
Am Dienstag hatte ich vergessen, auf meine Kolumne bei boerse-online.de hinzuweisen. Es geht um die Frage, warum schlechte Wirtschaftsjahre oft gute Börsenjahre sind. Da das Thema nach wie vor aktuell ist, hier also noch der Link:
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