Masterplan: Stützung des Aktienmarktes?
von Jochen Steffens
Heute haben die amerikanischen Börsen geschlossen. Die US-Konjunkturdaten, die normalerweise immer donnerstags veröffentlicht werden, gab es bereits gestern. Also bleibt etwas Zeit, ein wenig über mögliche Ziele der Fed zu spekulieren und dabei das eine oder andere Mal erfolgreich vom Thema abzukommen:
Aus charttechnischer Sicht ist es höchst interessant, wann das 800 Mrd. Dollar Programm „bekannt“ gegeben wurde. Nämlich offensichtlich nachdem die Oktobertiefs nach unten gebrochen wurden, siehe Chart:
Man könnte natürlich auf die Idee kommen, dass hier ein Zusammenhang besteht.
9 Billionen Dollar
Es wird zurzeit viel über die Kreditmärkte, die Banken und Konjunkturprogramme geredet. Die Zahlen sind gigantisch. 700 Mrd. hier, 800 Mrd. da, etliche Garantien dort. Findige Analysten haben nun ausgerechnet, dass die Fed und die US-Regierung zurzeit inklusive aller Garantien, Nothilfen und Fazilitäten, etc. für knapp 9 Billionen Dollar einstehen. Das sind 9.000 Mrd. oder 9.000.000 Millionen oder 9.000.000.000.000.(!) Dollar.
[Zur Information: Eine Fazilität (von lat. facilitas = Leichtigkeit) ist die von einer Bank ihren Kunden eingeräumte Möglichkeit, innerhalb festgelegter Grenzen kurzfristig Kredite in Anspruch zu nehmen oder Guthaben anzulegen. Der Begriff wird besonders im Zusammenhang mit Zentralbankfazilitäten gebraucht, die Zentralbanken den Geschäftsbanken einräumen, indem die ersten den zweiten Über-Nacht-Liquidität bereitstellen und abbauen. Quelle. Wikipedia.de]
Die gesprengte Schuldenuhr
Das entspricht fast der aktuellen Gesamtverschuldung der USA. Diese liegt mittlerweile bei 10,6 Billionen Dollar. Jede Familie in den USA ist damit rechnerisch mit knapp 90.000 Dollar verschuldet. Die Schuldenuhr in New York, die eben diese Zahlen anzeigt, ist seit dem Sprung über die 10 Billionen Marke bereits nicht mehr in der Lage, diese korrekte Zahl ganz anzuzeigen. Das erste Feld, das normalerweise nur für das „Dollar-Zeichen“ reserviert war, wird jetzt auch für die Ziffer „1“ genutzt. Nächstes Jahr soll eine neue Uhr aufgestellt werden, die Zahlen bis zu einer Billiarde Dollar anzeigen kann. Wie lange es wohl dauern wird, bis hier die Zahlen zu knapp werden? Allerdings würde das Szenario doch erheblich an die Zeiten der Hyperinflation erinnern – aber davon wollte ich gar nicht reden.
Ich finde den Zeitpunkt interessant, an dem das 800 Mrd. Dollar Programm der Fed bekannt gegeben wurde. Im Gespräch war ja ein Eingriff in die Kreditmärkte schon länger. Wurde hier alles getan, um den Markt zu stützen? Denn wenn es einen nachhaltigen Bruch unter die Tiefs aus dem Jahre 2002/2003 gegeben sollte, wäre das ein klares Verkaufssignal. Die Kursziele lägen deutlich tiefer, so bei 400-500 Punkten (siehe Chart weiter unten).
Rentenfonds verlieren 2 Billionen Dollar
Weiter fallende Kurse wären allerdings nicht nur für die US-Wirtschaft eine Katastrophe. Ein bedeutender Anteil der Altersversorgung der US-Arbeitnehmer ist in Pensionsfonds angelegt. Durch die Krise haben die öffentlichen und privaten Pensionsfonds 2 Billionen Dollar verloren. Das ist in etwa ein Wertverlust von 20 %.
Ein Teil der öffentlichen Fonds hat das Geld in US-Schatzbriefen angelegt, aber die anderen und viele private Rentenfonds haben hohe Investitionsquoten in Aktienpositionen. Und hier ist das Problem, dass durch den Crash langfristig orientierte Depots im Prinzip seit 1996/1997 keinen Gewinn gemacht haben.
Sie sehen, dass wir uns bereits 1996/1997 und 2002/3 auf dem aktuellen Kursniveau aufgehalten haben. Ein langfristig orientierter Investor, der 1996 ein langfristiges passives Index-Depot aufgebaut hätte, wäre tatsächlich letzte Woche Donnerstag, nach 12 Jahren wieder ins Minus gerutscht, hätte aber in dieser Zeit zwei Mal viel Freude und erheblichen Frust erlebt.
False Break?
Interessant ist an diesem Chart, um wieder einmal etwas vom Thema abzukommen, dass das Tief der letzten Woche tatsächlich bisher ein falscher Bruch (false Break) unter die untere Begrenzungslinie der möglichen Seitwärtsbewegung darstellt. Sie erinnern sich, genau das hatte ich vermutet, weil solche False Breaks eben typisch für Seitwärtsbewegungen sind. Dieses false Break ist tendeziell bullish zu werten.
Fed und Charttechnik?
Um zum Thema zurückzufinden: Wie gesagt, wenn das 2002/2003er Tief allerdings nachhaltig unterboten wird, wäre das ein starkes Verkaufsignal. Der S&P500 könnte dann auch durchaus auf 400-500 Punkte zurückfallen. Ein solcher Rückfall würde die Wirtschaft extrem belasten und natürlich direkt aber auch indirekt zu noch größeren Verlusten in den Pensionsfonds führen. Diese müssen allerdings, um die wachsende Zahl der Rentner zu finanzieren, eigentlich Gewinn generieren. Und das funktioniert nun seit über 12 Jahren nur unter erschwerten Bedingungen.
Wollte die Fed einen weiteren Kursverfall verhindern, achtet sie auf solche charttechnischen Marken?
Mit dem Rücken zur Wand
Die Fed und die US-Regierung agieren mit dem Rücken zur Wand. Sie müssen alles tun, damit die Börsen sich fangen. Denn nur das wird wieder mehr Vertrauen schaffen und die Gesamtsituation stabilisieren. Es steht viel auf dem Spiel, unter anderem auch die Altersversorgung von großen Teilen der Bevölkerung. Ben Bernanke hat mit dem 800-Mrd.-Dollar Programm endgültig bewiesen, dass er die Gelddruckmaschine um jeden Preis anschmeißen wird. Das macht auch Sinn, wenn die USA auf eine Deflation zu steuern. Aktuell wird zudem niemand auf der Welt die USA kritisieren, egal wie viele Billionen Dollar sie in das System pumpen. Zu sehr hängt die Weltwirtschaft von einer funktionierenden US-Wirtschaft ab.
Das System wankt, keine Frage. Aber irgendwann werden die immensen Summen den Markt einfach stützen, vor allem wenn die Fed es immer wieder schafft die Märkte im „letzten Moment“ zu stabilisieren. Irgendwann geben die Shorties auf und die, die verkaufen wollten, haben verkauft. Es wird dann zu einem starken Anstieg kommen, der aber auch nur von kurzer Dauer sein dürfte. Die große Seitwärtsbewegung ist damit nach wie vor mein favorisiertes Szenario. Der False Break ist ein weiterer Hinweis dahingehend.
Aber so dicht an einer Katastroph ist die Weltwirtschaft seit 80 Jahren nicht mehr vorbeigetänzelt und es ist alles andere als sicher, dass sie nicht doch noch strauchelt und abrutscht.
Viele Grüße
Jochen Steffens