von Torsten Ewert
Als Trader jagen Sie einer zwar harmlos erscheinenden, aber extrem gefährlichen Beute nach, dem Geld. Sie bewegen sich dabei auf dem unsichersten Terrain überhaupt, dem glatten Börsenparkett. Das Problem dabei: Die meisten privaten Trader sind sich dessen nicht bewusst oder verdrängen diese Erkenntnis immer wieder sehr „erfolgreich“. Der warme, bequeme Platz vor dem bunten Monitor hat so gar nichts gemein mit dem finsteren, unheimlichen Wald, in dem man gewöhnlich die wilden Tiere jagt ...
Zwei einfache Ebenen des Geldmanagements
Vermutlich ist das der Grund, warum viele Anfänger erstaunlich unvorbereitet mit dem Traden beginnen. Das fängt bereits bei den einfachsten, aber deswegen umso wichtigeren Dingen an– wie zum Beispiel dem Trading-System. Damit ist nicht ein vom Computer berechnetes, automatisches System gemeint, sondern der Satz von Regeln, nach denen sich ein Trader richten sollte, wenn er am Markt agiert.
Eine dieser Regeln betrifft das Geldmanagement. Sie wissen sicherlich, dass die existenzielle Frage der Stoppsetzung dazu gehört. Doch Geldmanagement umfasst noch viel mehr. Bei Gesprächen mit Trader-Novizen werfe ich regelmäßig die Frage auf, ab wann denn ein „System“ gewinnbringend ist. Häufig ist die spontane Antwort: „Na, wenn die Trades in mehr als der Hälfte der Fälle im Gewinn landen!“
Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Wenn Sie durchschnittlich zwei von drei Trades – also mehr als die Hälfte! – mit 5 Punkten Gewinn abschließen, haben Sie insgesamt 10 Punkte erzielt. Wenn aber der eine Verlusttrade genau die zehn Punkte wieder verspielt, stehen Sie am Ende mit leeren Händen da.
Umgekehrt können Sie natürlich auch mit nur einem aus zehn Trades erfolgreich sein. Wenn Ihnen dieser eine Gewinn-Trade 20 Punkte Gewinn einbringt und die restlichen neun Verlierer nur jeweils zwei Punkte Verlust kosten, sind Sie theoretisch dauerhaft erfolgreich.
Es kommt also nicht nur auf die Gewinnwahrscheinlichkeit (z.B. „mehr als 50 % aller Trades sind Gewinntrades“) an, sondern auch auf den Ertrag, den die Gewinn- und Verlusttrades dabei im Durchschnitt einbringen. Diesen Zusammenhang haben die meisten inzwischen aber schon verinnerlicht bzw. verstehen ihn sofort, wenn man sie darauf hinweist.
Trader mit einem computergestützten System haben hierbei zunächst einen gewissen Vorteil, denn sie erhalten diese Daten automatisch durch die Statistik der früheren Ergebnisse ihres Systems. Alle anderen sind auf die Auswertung ihrer tatsächlichen oder simulierten Trades angewiesen, um zu diesen Zahlen zu kommen.
Das falsch verstandene Positionsmanagement
Doch selbst wenn sie diese Werte kennen und auch noch die restlichen Regeln ihres Systems beachten, erzielen viele Trader trotzdem keinen dauerhaften Erfolg. Das liegt mitunter an einer dritten Ebene des Geldmanagements, die vielfach nicht beachtet oder falsch angewendet wird.
Das verständliche und durchaus richtige Bestreben, unter allen Umständen Verluste zu vermeiden, führt nämlich häufig zu einem ungeeigneten Positionsmanagement, und das hat mit der Größe der eingegangenen Position zu tun. Natürlich ist es theoretisch egal, ob Sie bei den obigen Beispielen mit einem oder mehreren Kontrakten in den Markt gehen. Wenn Sie z.B. statt mit einem Kontrakt bei einem Trade die Position gleich mit drei Kontrakten eröffnen, verdreifacht sich natürlich Ihren Gewinn oder Verlust.
Doch das gilt nur, wenn Sie auch alle drei Kontrakte bis zum bitteren oder glücklichen Ende halten. Doch genau das machen die meisten Trader aus falsch verstandenem Sicherheitsdenken eben nicht. Eine typische Methode ist beispielsweise die folgende:
Ein Trader eröffnet einen Trade mit drei Kontrakten. Wenn seine Position drei Punkte im Plus ist, verkauft er den ersten Kontrakt. Für die beiden restlichen Kontrakte zieht er den Stopp auf einen Punkt unter seinen Einstiegskurs nach. Er hat also bisher drei Punkte Gewinn, kann aber nur noch maximal zwei Punkte Verlust hinnehmen. Er hat jetzt also auf jeden Fall einen Punkt verdient, der seine Kosten annähernd deckt. Damit kommt er aus diesem Trade insgesamt nahezu ohne Verlust heraus.
Geschafft! Zeit zum Durchschnaufen. Jeder Punkt, der jetzt verdient wird, bringt echten Gewinn! Was soll an dieser Strategie falsch sein?
Die Gewinne müssen weiter laufen
Doch das ist ein Trugschluss. Dieser besteht darin, dass die beiden restlichen Kontrakte unter Umständen das Gewinnziel nicht mehr erreichen können. Nehmen wir ein einfaches Beispiel, bei dem drei Verlusttrades à drei Punkten ein Gewinntrade à zehn Punkten gegenübersteht. Bei drei Kontrakten müsste der Trade nun 30 Punkte Gewinn einbringen – jeder Kontrakt zehn Punkte. Doch ein Kontrakt ist ja bereits mit nur drei Gewinnpunkten verkauft worden! Dieser kann also nichts mehr verdienen. Folglich müssen die anderen beiden nun die fehlenden 27 Punkte erwirtschaften, also jeder Kontrakt 14 Punkte.
Doch offenbar gibt das „System“ diese 14 Punkte nicht regelmäßig her, sonst hätte unsere Statistik ja diese auch ausgewiesen (und nicht nur 10 Punkte)! Damit führt diese Methode eigentlich unweigerlich zum Verlust. Meist wird diese Misere noch dadurch verschärft, dass der zweite Kontrakt ebenfalls nur mit einem festen Punktwert verkauft wird, z.B. wenn er weitere fünf Punkte im Plus ist. Der dritte Kontrakt wird dann gehalten, um möglichst große Bewegungen mitzunehmen.
Und hier ergibt sich nun tatsächlich die Möglichkeit, die begrenzten Gewinne der Strategie wieder aufzuholen. Doch ohne jetzt auf die Details einzugehen, wird klar, dass dieser letzte Kontrakt schon sehr oft und sehr deutliche Gewinne erzielen muss, um insgesamt wieder eine positive Rendite zu erwirtschaften. (Hieran ändert auch eine andere Verteilung der Gewinn- und Verlusttrades nichts – der mögliche Gewinn wird in jedem Fall geschmälert.)
Passen Sie Ihr Geld- und Positionsmanagement Ihrem Tradingstil an!
Natürlich können Sie eine Menge wieder herausholen, wenn Sie Signale traden, die mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit eine größere Trendumkehr einleiten. Doch auch hier geht es wieder um die Häufigkeit, mit der dieser Fall eintritt. Die meisten Trader haben hierüber aber keine Vorstellung, sondern halten den letzten Kontrakt nur nach dem Prinzip Hoffnung.
So bleibt als Fazit für diese Methode der gestaffelten Ausstiege: Die meisten Trader setzen damit in der Regel dann das maximale Kapital ein, wenn das höchste Risiko herrscht, nämlich zu Beginn des Trades. Dagegen beschneiden sie ihre Chance, wenn der Trade beginnt, in ihre Richtung zu laufen. Das sollte man als Trader niemals tun! Die bessere Lösung ist also, bei entsprechendem Gewinn den Gewinn für die Gesamtposition nachzuziehen.
Ist so ein gestaffelter Ausstieg also grundsätzlich falsch? Nein, bei volumengetriebenen Momentum-Trades ist das eine vorzügliche Methode der Gewinnsicherung. Hier ist das Anfangsrisiko vergleichsweise gering, aber die erzielbaren Kurssprünge variieren sehr stark – je nach Ursache dieses Impulses. Um hier also ertragreich zu traden, ist dann eine solche Strategie durchaus sinnvoll.
Und was ist nun mit dem Laufenlassen der Gewinne? Dieses „Problem“ haben Sie nur in einer anhaltenden Trendphase. Doch als Trendfolger sollten Sie Ihre Positionen lieber aufstocken (also mit einer beginnen und dann bei weiteren trendbestätigenden Signalen zukaufen. Einige der größten Trader haben so ihr Vermögen gemacht, z.B. Jesse Livermore.
Doch in der Regel fühlt sich jeder Trader am wohlsten mit einer bestimmten Strategie, also entweder Trendfolger, Antizykliker oder Momentum-Trader. Deshalb sollten Sie auch bei Ihrem Geld- und Positionsmanagement konsequent die zu Ihrer Strategie passenden Methoden verwenden.
Mit besten Grüßen
Torsten Ewert