Schlappe für Obama
von Jochen Steffens
Hinweis: Da ich mir offenbar eine Erkältung eingefangen habe, kann ich noch nicht mit Sicherheit sagen, ob morgen ein Steffens Daily erscheint.
Es ist interessant, was gerade in den USA passiert. Die Demokraten haben gestern Nacht bei der Senatorenwahl in Massachusetts einen Senatssitz verloren und damit die strategische Mehrheit im Senat verspielt. Die Republikaner haben nun eine sogenannte Sperrminorität und können damit Gesetze aufschieben. So werden sie nach aller Wahrscheinlichkeit die Demokraten zu Kompromissen zwingen. Damit ist sowohl die Gesundheitsreform bedroht, als auch der Themenkreis Klimapolitik und andere Projekte.
Die Wahlniederlage in Massachusetts fügt sich in ein Gesamtbild ein. Die Amerikaner sind mit der Arbeit von Obama zunehmend unzufrieden. Das Ansehen des Präsidenten ist unter die wichtige 50 % Marke gefallen.
Zu hohe Erwartungen
Dieses Stimmungstief ist in letzter Konsequenz eine Folge der zu hohen Erwartungen, die an Obama gestellt wurden. Menschen, die sich in der Politik auskennen, werden fragen, was soll man denn auch in einem Jahr erwarten? Die Probleme in den USA sind zu vielschichtig, die Strukturen zu verknöchert. Doch vernünftiges und rationales Denken kann man gerade im Zusammenhang mit Obama von der Masse der US-Bürger nicht erwarten. Sie haben auf den Messias gesetzt und einen „normalen“ Politiker erhalten. Die Erwartungen schlagen in Enttäuschung um.
Eigentlich ganz normal
Doch diese Entwicklung passt genau in den US-Präsidentschaftszyklus. Gerade die Zwischenwahljahre sind oft schwierige Jahre, weil das oben Beschriebene eigentlich normal ist: Die Präsidenten versuchen unliebsame Reformen möglichst schnell hinter sich zu bringen. Da es eine Zeit braucht, bis diese beschlossen werden, kommen diese meistens in den Zwischenwahljahren. Die Bevölkerung reagiert auf das Hin und Her im Zusammenhang mit diesen Reformen meistens eher negativ. Das schlägt sich oft genug auch an den Börsen nieder.
Strategisches Problem von Obama
Obama hat jetzt ein Problem. Mit der Veränderung im Senat können die Republikaner ihn zwingen, die Debatten um die Reformen noch bis zu den nächsten Senatswahlen weiter zu führen. Obama hat somit keine Chance, die Bevölkerung durch positive Gesetze und Veränderungen wieder auf ihn einzustimmen.
Diese Niederlage bei der gestrigen Wahl ist für Obama damit ein großer Rückschlag. Wir werden in den nächsten Monaten gespannt miterleben, wie er mit dieser für ihn höchst ungünstigen Situation umgeht.
Die Wettquoten sinken
Die Wetten darauf, dass die Demokraten nach den nächsten Wahlen weiterhin das Repräsentantenhaus dominieren, sind dementsprechend deutlich zurückgegangen:
Börsen im Minus
Das Problem ist, dass Reformen in den USA mehr als nötig sind. Eine starke Regierung (und hier geht es weniger darum, welche es ist) ist wichtiger, als parteipolitisches Geplänkel.
Inwieweit sich solche Überlegungen auf die Börsen niedergeschlagen haben, kann man nicht beurteilen. Enttäuschende Zahlen von Morgan Stanley und der Bank of America haben den Boden für Kursverluste bereitet. Meines Erachtens sind allerdings unerwartet gestiegene Erzeugerpreise letzten Endes für den starken Einbruch verantwortlich. Das erhöht die Inflationsgefahren und damit die Zinserhöhungsängste der Börsianer. Kein Wunder, dass der Nasdaq100 zeitweise über zwei Prozent im Minus stand.
Fehlende Anschlusskäufe im DAX
Und damit zum Schluss noch einmal zum DAX-Chart, den Sie bereits kennen:
Sie sehen, wie genau der DAX an dem hier eingezeichneten Unterstützungsbereich abgeprallt ist. Doch sie sehen auch, dass es nach einer ersten scharfen Rally wieder zu einem deutlichen Abverkauf gekommen ist. Hier fehlen einfach die Anschlusskäufe. Damit steigt die Gefahr, dass die Kurse in den Unterstützungsbereich eindringen. Und das wiederum erhöht die Wahrscheinlichkeit einer Konsolidierung.
Viele Grüße
Jochen Steffens