Vielleicht erinnern Sie sich noch, dass ich schrieb, die Anleger werden bei derart fallenden Märkten schnell nervös und deswegen können bestimmte Nachrichten auch größere Reaktionen hervorrufen. Doch, dass Nachrichten eine solche Nervosität wie heute hervorrufen, ist schon ungewöhnlich.
Auslöser war, dass die EZB nicht, wie offensichtlich von einem Teil der Marktteilnehmer erwartet, die Zinsen weiter gesenkt hat, sondern den Leitzins bei 0,25 Prozent beließ. EZB-Präsident Mario Draghi lässt sich also durch die nach wie vor niedrige Inflation nicht aus der Ruhe bringen. Und genau mit der Veröffentlichung dieser Nachricht kam es zu einer wirklich heftigen Marktreaktion:
Immerhin um satte 183 Punkte rauschte der DAX-Future in die Tiefe. Der Handel wurde entsprechend den Vorgaben kurz ausgesetzt. So wurde Schlimmeres verhindert. Als der Handel kurz danach wieder aufgenommen wurde, notierte der Future bereits wieder über der 9.200er Marke.
Die Eurex schrieb dazu: Please be informed that all trades in FDAX in timeframe 13:45:00 to reopening 13:48:55 are under investigation. (Wir informieren Sie hiermit, dass alle Trades im FDAX in dem Zeitfenster 13:45:00 bis 13:48:55 geprüft werden.)
Wir haben gerätselt: War das ein Fehltick oder eine zu große Stopp-Order? Oder hat ein "Fat-Finger-Trade" den Einbruch verursacht (fetter-Finger-Trade, wenn ein Trader die falschen Tasten erwischt oder sich mit den Nullen vertut)? Die zeitliche Nähe zu der Veröffentlichung der EZB Zinsentscheidung spricht allerdings eher für einen kleinen durch den hochfrequenten Computerhandel ausgelösten Blitz-Crash (Flash-Crash). Hier hätten dann die auf Nachrichten optimierten automatischen Handelssysteme einen Kaskadeneffekt ausgelöst. Und dann war die Aussetzung des Handels tatsächlich höchst sinnvoll. Wie weit so ein Blitz-Crash ohne diese Schutzmaßnahme gehen kann, haben wir am 6.Mai 2010 erlebt, als der Dow Jones um satte 1.000 Punkte innerhalb von wenigen Minuten eingebrochen ist.
Nachtrag kurz vor Redaktionsschluss: Wie ich gerade erfahren habe, lehnt die Eurex eine Rückabwicklung ab und die Möglichkeit einer Fehleingabe wurde ausgeschlossen.
Das spricht dafür, dass der Hochfrequenzhandel die Ursache ist. Dann wäre auch dieser Vorfall ein weiteres Zeichen dafür, dass es in diesem Bereich, bei dem es um Mikrosekunden geht, zu einem Problem kommt. Wenn immer mehr (meist institutionelle) Anleger auf diese Art des Tradens aufspringen, führt das dazu, dass die beteiligten Computer immer schneller handeln müssen, um noch vor den anderen zu reagieren. Da in solchen Zeitebenen kaum noch vernünftige Kontrollmechanismen möglich sind, kann es zu einem Kaskadeneffekt kommen, der sich in eben solchen Blitz-Crashs zeigt. Und das belegt einmal mehr, wie Börse funktioniert: Wenn eine Strategie lukrativ ist, springen immer mehr Teilnehmer auf, was schlussendlich das Ende dieser lukrativen Strategie bewirkt. Vielleicht sind das schon die erste Anzeichen dafür. Aber warten wir ab, ob wir noch genauere Infos zu diesem Vorfall erhalten.
Weitere Kurskapriolen folgten
Doch es blieb unruhig, denn auch im Euro/Dollar kam es, allerdings zeitversetzt, zu einer ähnlich heftigen Reaktion.
Die Frage ist hier nur: Worauf reagierte das Währungspaar? Denn um 14:30 Uhr wurden die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe veröffentlicht und der hier im Chart erkennbare Anstieg startete genau um eben 14:30 Uhr.
Die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe sind um 20.000 auf 331.000 Anträge zurückgegangen. Analysten hatten lediglich mit einem Rückgang auf 335.000 gerechnet. Der Wert für den gleitenden Vierwochendurchschnitt stieg gegenüber der Vorwoche um 250 auf 334.000.
Hintergrund der Reaktion ist folgendes: Nach den schon besser als erwarteten ADP-Daten (siehe Steffens Daily von gestern) belegen auch diese Zahlen, dass der US-Arbeitsmarkt nicht so heftig auf die extremen Wetterbedingungen in den USA reagiert hat, wie bisher erwartet. In den Prognosen zum offiziellen US-Arbeitsmarktbericht, der am Freitag um 14:30 Uhr veröffentlicht wird, sind aber diese Wettereinflüsse eingepreist. Das ist der Grund, warum die Analysten lediglich mit 74.000 neu geschaffenen Stellen gerechnet haben.
Der ADP-Bericht und die Erstanträge lassen also den Schluss zu, dass es morgen zu einer positiven Überraschung kommen könnte und so erklären sich die entsprechenden Marktreaktionen.
Viele Grüße
Jochen Steffens
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