Sehr verehrte Leserinnen und Leser,
heute wird in den USA der Martin-Luther-King-Day gefeiert, die Börsen bleiben geschlossen. Wir können es daher etwas entspannter angehen – zum Beispiel mit einem Kino-Besuch. Denn am Donnerstag ist in den deutschen Kinos ein Börsenfilm angelaufen: „The Wolf of Wall Street“.
Die Wall Street als Blockbuster
Titel und Thema erinnern natürlich an den legendären Film „Wall Street“ mit Michael Douglas in der Hauptrolle, der quasi als Prototyp des Genres gilt und für viele künftige Investmentbanker eine durchaus zweifelhafte Vorbildfunktion hatte bzw. hat.
Viel interessanter aus Anlegersicht ist jedoch das Erscheinungsjahr dieses Klassikers: 1987, das Jahr des spektakulären Börsencrashs. Damals herrschte zweifellos Euphorie und Übertreibung an den Börsen – eine Situation, der wir heute zumindest wieder nahekommen.
Nun wird uns also ein Film mit ähnlichem Plot präsentiert, der zwar das Scheitern eines betrügerischen Börsenhändlers thematisiert, aber dennoch vorher ausgiebig die angenehmen Begleiterscheinungen einer solchen „Karriere“ zelebriert. Das muss einen Antizykliker aufhorchen lassen.
Was uns Kinofilme über die Börsenstimmung verraten
Hollywood zieht schließlich seine Produktionen nicht aus der Lostrommel, sondern gewiefte Marketingstrategen versuchen, das Stimmungsbild der Menschen einzufangen oder (wegen der Produktionsdauer eines Films) gar vorauszusehen, um mit einem Thema möglichst genau den Nerv der Menschen zu treffen. Nur davon hängt letztlich der kommerzielle Erfolg oder Misserfolg der Produktionen ab.
Und das schaffen die Filmbosse ganz gut, gerade auch bei „Börsenfilmen“. In dem folgenden Chart sehen Sie anhand des Kursverlaufs des Dow Jones, dass solche Streifen in der Regel im Umfeld der markanten Hochs bzw. Tiefs erscheinen.
Quellen: Internet Movie Database (Originaltitel), Market Maker
Auch Hollywood kann nicht hellsehen
Dabei fällt auf, dass die Hochs vergleichsweise gut getroffen wurden. Am Höhepunkt der Dotcom-Blase gab es von 1999 bis 2001 gleich drei Filme zum Thema. Die Filme, welche die Finanzkrise in den Fokus rücken, scheinen etwas spät dran gewesen zu sein – schließlich sind zum Erscheinungstermin die Kurse bereits wieder ein ordentliches Stück angestiegen.
Das hat natürlich seinen Grund. Wie Sie hier vor einigen Tagen im Steffens Daily lesen konnten, bildet sich ein großes Top an den Märkten eher langsam, während Crashs naturgemäß plötzlich auftreten. In die Endphase einer sich abzeichnenden Euphorie hinein kann man die entsprechenden Produktionen also durchaus rechtzeitig planen. Da aber auch Hollywood Crashs nicht vorhersagen kann, kommen die Filme nach den Tiefs nur mit Verzögerung.
Wobei ohnehin auffällig ist, dass die Produzenten offenbar eine Abneigung dagegen haben, Crashs zu thematisieren. Die geplatzte Internet-Blase ging am Filmgeschäft nahezu spurlos vorbei. Der einzige mir bekannte Film, der diese Zeit aufgreift, ist „Enron: The Smartest Guys in The Room“, der allerdings erst 2005 erschien und außerdem ein Dokumentarfilm ist, also keine klassische Hollywood-Produktion. Auch die meisten Filme, die sich mit der Finanzkrise beschäftigen, sind Dokumentarfilme bzw. dokumentarisch nachgestellte Filme.
Vorbote eines Crashs oder Startschuss für die Rally?
Umso mehr sollten wir aufhorchen, dass die Filmindustrie offensichtlich glaubt, mit „The Wolf of Wall Street“ ausgerechnet jetzt wieder auf der Höhe der Zeit zu sein. Die gespenstische Parallele dabei ist weniger, dass es knapp eine Handvoll anderer Filme gibt, die in der jüngeren Vergangenheit vor markanten Kurseinbrüchen die Leinwand eroberten. Fast schon bedrückend ist eher, dass ein anderer Börsenfilm mit genau dem gleichen Titel („The Wolf of Wall Street“) und ähnlicher Handlung wie der aktuelle vor 85 Jahren in die Kinos kam – also vor dem großen Börsencrash 1929.
Bedeutet das zwangsläufig, dass nun ebenfalls wieder ein Crash droht? Natürlich nicht, denn auch die Hollywood-Größen irren immer mal wieder. Und es gibt auch ein Gegenbeispiel. 1983 erschien die Komödie „Trading Places“ („Die Glücksritter“) mit Eddie Murphy und Dan Aykroyd. Die damalige Situation hatte viel eher Parallelen zur heutigen als die Börsenstimmung der Jahre 1987 oder 2000/01: Nach über 15 Jahren Seitwärtsbewegung waren bzw. sind Börseninvestments kaum ein Thema für die breite Öffentlichkeit, obwohl die Kurse unlängst diese Seitwärtsbewegung überwunden hatten bzw. haben.
Tatsächlich begann Ende 1982, also im Jahr vor Erscheinen der „Trading Places“, eine „Jahrhundert-Rally“. Und auch 2013 brachen die Kurse entscheidend (wie es scheint) aus der Seitwärtsbewegung der vergangenen 15 Jahre aus. Ist also der aktuelle Wolf of Wall Street der Startschuss für die nächste große Rally? Vielleicht. Aber dann wäre – wie in den 1980er Jahren – spätestens zum nächsten Wall-Street-Film ein kräftiger Dämpfer zu erwarten.
Bis dahin ist es aber noch eine Weile hin. Zeit genug also für den einen oder anderen entspannten Kinoabend.
Viel Vergnügen dabei wünscht Ihnen
Ihr Torsten Ewert
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