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Der Markt hat Bernanke nicht richtig verstanden
Tja, und da ist der DAX plötzlich wieder bei 8.000 Punkten und tiefer. Ganz so, wie es der Verfallstag erwarten ließ (siehe dazu den Steffens Daily von Torsten Ewert am Montag). So schnell geht das.
Es ist schon verrückt mit diesen Verfallstagen. Irgendwie schaffen es die Stillhalter meistens (leider nicht immer, das wäre ansonsten eine geniale Geldquelle) genau da abzurechnen, wo es für sie am günstigsten ist. Das Problem ist nur: Wenn sie es nicht schaffen, werden die Bewegungen zum Teil sehr extrem. Das heißt, mit dieser Verfallstagsprognose können Sie zwar öfters Gewinne machen, aber bei einer Fehleinschätzung erleiden Sie meist große Verluste. Und da die Volatilität vor dem Verfallstag oft hoch ist, können Sie auch keine dichten Stopps setzen, um sich eben vor diesen Verlusten zu schützen. Sehr schade. Trotzdem ist es natürlich gut zu wissen, wo am Verfallstag abgerechnet werden soll. So kann man die entsprechenden Bewegungen in der Woche vor dem Verfall besser einordnen.
Interessanterweise, und auch das habe ich schon häufiger geschrieben, scheint der Donnerstag vor dem Verfallstag für die Zielmarke immer wichtiger zu werden, jedenfalls hier in Deutschland. Das kann damit zu tun haben, dass die Optionsscheine in der Regel bereits am Donnerstag auslaufen. Optionsscheine werden häufig über die Eurex abgesichert, und so entsteht dieser Zusammenhang. Aber das nur als Anmerkung nebenbei.
Was war der Auslöser?
Der Auslöser für diesen Kursrückgang war dieses Mal nicht das Fed-Statement. Denn in diesem hat sich nicht viel geändert. Hier die drei Änderungen im Einzelnen:
1) Zuvor hieß es, dass die Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt sich in den vergangenen Monaten etwas verbessert haben.
“Labor market conditions have shown some improvement in recent months… “
Jetzt heißt es, sie habe sich „weiter“ verbessert.
“Labor market conditions have shown further improvement in recent months… “
Da die Fed das Ende der ultra-lockeren Geldpolitik an den Arbeitsmarkt gebunden hat, ist das ein kleiner Hinweis auf ein schnelleres Ende der Anleihekäufe.
2) Dann heißt es nicht mehr, dass die Inflation unterhalb der längerfristigen Ziels des Komitees notiert, abgesehen von den temporären Schwankungen, die weitgehend die Schwankungen der Energiepreise reflektieren.
“Inflation has been running somewhat below the Committee's longer-run objective, apart from temporary variations that largely reflect fluctuations in energy prices. Longer-term inflation expectations have remained stable.”
Nun heißt es:
Teilweise vorübergehende Einflüsse spiegelnd, notiert die Inflation unterhalb des längerfristigen Ziel des Komitees, aber die längerfristige Inflationserwartung bleibt stabil.
“Partly reflecting transitory influences, inflation has been running below the Committee's longer-run objective, but longer-term inflation expectations have remained stable.”
Das wiederum ermöglicht der Fed allerdings die lockere Geldpolitik weiter fortzuführen, von Inflation noch keine Spur (zumindest bei der offiziellen Inflationsrate).
3) Früher hieß es, dass das Komitee weiterhin Abwärtsrisiken für den wirtschaftlichen Ausblick erkennt.
“The Committee continues to see downside risks to the economic outlook.”
Nun heißt es: Der Ausschuss sieht die Abwärtsrisiken für den wirtschaftlichen Ausblick und den Arbeitsmarkt schwinden.
„The Committee sees the downside risks to the outlook for the economy and the labor market as having diminished”
Auch das ist eine ganz leichte Verbesserung der Aussagen: Die Abwärtsrisiken haben sich vermindert. Und das war es schon - mehr hat sich zum vorherigen Statement nicht verändert.
Aussagen vor Journalisten
Und so waren es dann auch die im Gegensatz dazu sehr konkrete Aussagen von Bernanke auf der Pressekonferenz im Anschluss an die Sitzung, welche die negative Reaktion des Marktes ausgelöst haben.
Ben Bernanke sagte in Bezug auf ein mögliches Ende von QE3, dass die US-Notenbank bereits in diesem Jahr beginnen könne, die Anleihekäufe zu verringern. Der Ausstieg aus der quantitativen Lockerung (QE3) wird sich dann bis in das Jahr 2014 hinziehen, und etwa zur Mitte des Jahres 2014 könnte das Programm dann enden. Alles natürlich nur, wenn sich die US-Wirtschaft ungefähr so entwickelt, wie es die Fed erwartet.
Diese konkreten Aussagen und die leichte Verbesserung zur Einschätzung des Arbeitsmarktes und der Wirtschaft in den USA führten dann zu den Kursverlusten.
Allerdings betonte Ben Bernanke auch, dass ein Ende der Anleihekäufe nicht gleichbedeutend mit direkten Zinserhöhungen sei. Mit ihm erwarten 14 der 19 Mitglieder des Komitees erste Zinserhöhungen frühestens im Jahr 2015.
Ist das Ende der Anleihekäufe nicht das Ende von QE3?
Ein weiterer wichtiger Aspekt, der vom Markt allerdings ignoriert wird, ist die Auffassung Ben Bernankes, dass das Ende der Anleihekäufe nicht das Ende der expansiven Geldpolitik bedeute. Dazu hat er sich einem Vergleich mit einem Auto bedient. Es gehe eher darum, nicht mehr so stark auf das Gaspedal, nicht jedoch bereits auf die Bremse zu treten.
Und dann sagte er etwas sehr Wichtiges, auf das die Medien meiner Meinung zu wenig eingegangen sind: Nach seiner Auffassung ist für die geldpolitische Lockerung nicht das Ausmaß der Anleihekäufe entscheidend, sondern der Bestand der Anleihen in der Fed-Bilanz. Denn nur dieser Bestand entscheidet darüber, wie stark das Angebot an Anleihen am Markt verknappt sei, so dass die langfristigen Zinsen niedrig bleiben und die Anleger in andere Anlageklassen flüchten, wie zum Beispiel Aktien.
Und so sei erst dann vom einen wirklichen Ende der quantitativen Lockerung zu reden, wenn die Bilanz der Fed wieder einen Normalbereich erreicht hat. Dabei will die Fed die Anleihen nicht verkaufen, sondern es soll vielmehr zu einem vorsichtigen Ausstieg durch den Ablauf der Fälligkeit kommen.
Wie gesagt, das ist etwas, was der Markt im Moment noch nicht so recht verstanden hat. Er achtet auf die Käufe der Fed und ignoriert dabei die Auswirkungen des Bestandes der Fed.
Wer wird gewinnen, die Fed oder die Psychologie?
Nun wird es höchst interessant, ob sich die Theorie der Fed oder die Psychologie der Anleger sich schlussendlich durchsetzt. Ich würde auf die Theorie der Fed setzen, denn wie gestern beschrieben: Never fight the Fed.
Und was Ben Bernanke mit all diesen Aussagen eigentlich gesagt hat, ist folgendes: Wir werden alles tun, um die Märkte oben zu halten. Aber genau diese Botschaft ist bisher noch nicht an den Märkten angekommen.
Im Prinzip müssen wir uns damit erst dann wirklich Sorgen machen, wenn die Leitzinsen in den USA tatsächlich steigen. Das kann aber noch dauern. Da die Psychologie der Anleger jedoch kurzfristig wichtiger ist als die tatsächliche Entwicklung der Zinsen, kann natürlich in der aktuellen Situation die Konsolidierung auch noch etwas weiter gehen. Es wird also sehr spannend, wie der Markt in der kommenden Woche, also nach dem Verfallstag, der derzeit die Kursentwicklungen noch verzerrt, reagiert.
Viele Grüße
Ihr
Jochen Steffens
PS: Ein Problem will ich bereits jetzt kurz anreißen. Folgt man Äußerungen Obamas und anderen Gerüchten, wird Ben Bernanke wohl im Januar als Fed-Vorsitzender abtreten. Leider gibt es so etwas wie eine „Gesetzmäßigkeit“, nach der es bei einem Wechsel an der Spitze der US-Notenbank zeitversetzt zu einem Crash an den Aktienmärkten kommt. Aber dazu mehr, wenn es dann so weit ist…
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US-Konjunkturdaten
Die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe in den USA stiegen unerwartet deutlich um 18.000 auf 354.000 Anträge. Analysten hatten nur mit einem Anstieg auf 340.000 gerechnet. Der gleitende Vierwochendurchschnitt damit um 2.500 auf 348.250.
Und damit ist der Abwärtstrend der vergangenen Wochen hinfällig. Eigentlich sollte das den Markt unterstützen, doch dann wurde der Philly Fed Index veröffentlicht:
Der Philly Fed Index stieg unerwartet auf 12,5 Punkte. Analyten hatten mit einem Minus von 2 Punkten, nach einem Minus von 5,2 Punkten zuvor gerechnet. Werte über 0 weisen auf eine Expansion des herstellenden Gewerbes in der Region Philadelphia hin, Werte unter 0 auf eine Kontraktion.
Die US-Indizes und damit auch der DAX tauchten entsprechend ab, weil es zusätzlich den Eindruck der sich deutlich verbessernden US-Wirtschaft verstärkte. Der DAX testete im Zuge des Abverkaufs die für uns so relevante 7.930er Marke. Jetzt wird es spannend. Dazu morgen in Ihrem Steffens Daily mehr.