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Widersprüche, nichts als Widersprüche
Verehrte Leserinnen und Leser,
momentan kommt es wieder einmal knüppeldick für die Bösianer: Anfang August schockten die Bonitätsabstufung der USA und schlechte Konjunkturdaten – und der Crash folgte auf dem Fuß. Aktuell drehen die Aktienmärkte an wichtigen Marken offenbar wieder nach unten (siehe folgender Chart) – nun folgen Milliardenklagen gegen etliche große internationale Banken seitens des US Immobilienregulierers FHFA und bringen den ohnehin schon angeschlagenen Bankensektor weiter unter Druck.
Bedrohliches Umkehrsignal im US-Leitindex
Das Umkehrsignal im S&P 500 wirkt bedrohlich, denn es entsteht auf Wochenbasis und bedeutet nicht nur ein Scheitern am wichtigen Widerstand von 1.220 Punkten, sondern auch einen erfolglosen Rebreak des Aufwärtstrends von 2010. Damit drohen neue Kursverluste.
Drei Fragen treiben nun die Anleger und Analysten um und werden derzeit sehr kontrovers diskutiert: 1. War der starke Kurseinbruch berechtigt, geht es also der Wirtschaft wirklich so schlecht? 2. Naht jetzt bereits eine Kaufgelegenheit? und 3. Kann der Kursrutsch noch weitergehen?
Die dritte Frage klärt sich von selbst, denn diese haben die Märkte heute schon gegeben: Nach der Hiobsbotschaft vom Freitag über die FHFA-Klage gegen die Großbanken markiert der DAX heute ein neues Jahrestief. Damit nimmt der deutsche Leitindex, wie hier schon mehrfach als Option erwähnt, die 5.000-Punkte-Marke ins Visier...
Die Unternehmen sehen sich noch auf der Erfolgsspur
Die fallenden Kurse machen Aktien aber potenziell noch attraktiver – zumindest wenn man die aktuellen Schätzungen zugrunde legt. Und hier offenbaren sich erste Widersprüche. Während nämlich die Finanzmarktexperten, die vom ZEW über die Konjunkturaussichten befragt werden, scheinbar Knall auf Fall ins Bärenlager gewechselt sind, haben dieselben Analysten (oder ihre Kollegen) die Schätzungen für die Unternehmensgewinne noch keineswegs so drastisch reduziert.
Das wäre nämlich auch kaum gerechtfertigt, denn die Unternehmen selbst bleiben ja weiterhin optimistisch, wie erst unlängst während der Berichtssaison zum zweiten Quartal klar wurde. Volle Auftragsbücher und Vorlaufzeiten bis zu einem dreiviertel Jahr sorgen nicht nur für 2011, sondern auch im Folgejahr zumindest für eine deutliche Grundauslastung. Zwar spüren bereits einige Unternehmen eine Abschwächung der bisherigen Auftragsflut, aber von Krise oder Rezession ist dabei keineswegs die Rede.
Womit wir auch schon bei dem nächsten Widerspruch wären, und zwar den schlechten Umfragewerten aus dem Unternehmenslager. Denn nicht nur der ZEW-Index brach ein, auch das ifo-Geschäftsklima, das direkt an der Basis, den Unternehmen selbst erfragt wird.
Dramatisch verschlechterte Erwartungshaltung im ifo-Index
Hier überraschten vor allem die Erwartungen. Der entsprechende Saldo brach so stark ein, wie seit der Finanzkrise 2008 / 09 nicht mehr. Der Rückgang der Optimisten und die damit die Zunahme der Pessimisten war sogar stärker als im September 2001, als der Terroranschlag von New York die Welt verunsicherte! Inzwischen überwiegen die Pessimisten, wie so häufig in Deutschland. Eine Rückkehr der „German Angst“?
Eine ähnliche Diskrepanz finden wir aber auch in den USA. Dort ergeben sich aus den Quartalsberichten der Unternehmen und den immer noch gültigen Analystenschätzungen erwartete Gewinnsteigerungen für die S&P500-Unternehmen von über 15 %. Und das Jahr 2011 ist zu mehr als zwei Dritteln vorüber, der Großteil der Gewinne also schon „im Sack“! Zur Erinnerung: Ende 2010 waren diese 15 % Gewinnsteigerung noch die prognostizierte Obergrenze für dieses Jahr...
Dennoch fielen auch hier die Stimmungswerte der Unternehmen, gemessen am ISM-Einkaufsmanagerindex, zuletzt kräftig in den Keller. Negativ überraschte der Juli-Wert, während der in der vergangenen Woche gemeldete August-Wert besser als erwartet war.
Die Wirtschaft schwächt sich bereits merklich ab
Das ist natürlich etwas für die Spitzfindigen: So mutmaßten bereits einige Beobachter Anfang August, der ISM könnte aufgrund der Schuldendiskussion in den USA nach unten übertrieben haben, und der August-Wert dementsprechend besser ausfallen. Das war nur teilweise der Fall (der ISM fiel weiter, wenn auch nur wenig), wofür die Bonitätsabstufung in den USA sowie der August-Crash verantwortlich gemacht wurden. Beides könnte natürlich auch auf ZEW und ifo in Deutschland durchgeschlagen haben.
Trotzdem bleibt eine Diskrepanz zwischen der Unternehmenseinschätzung und der Konjunkturlage. So war die Wirtschaftsleistung sowohl in den USA (+0,2 %) als auch in Deutschland (+0,1 %) im zweiten Quartal recht schwach obwohl im Jahresvergleich immerhin noch +1,5 % (USA) bzw. +2,8 % verbucht werden konnten.
Im Detail war aber beide Male zu konstatieren, dass die Lagerinvestitionen überdurchschnittlich nach oben gingen. Sprich, die Unternehmen produzierten auf Halde, was für das dritte Quartal ein schlechtes Vorzeichen ist: Dann nämlich werden die Unternehmen versuchen, diese Lagerbestände abzubauen, also insgesamt weniger zu produzieren, wodurch das Bruttoinlandsprodukt zumindest im Quartalsvergleich erstmals wieder sinken könnte.
Unsichere Verbraucher und Börsianer
Auch die Verbraucher diesseits und jenseits des Atlantiks zeigen ein widersprüchliches Verhalten. So sind auch bei den Bürgern die Erwartungswerte für die künftigen wirtschaftlichen Aussichten im Sinkflug, aber die Konsumneigung ist weiterhin hoch. Angstsparen sieht anders aus.
Und auch die Börsen präsentieren sich extrem uneins. Während nämlich die US-Indizes in der zweiten Erholungsphase Ende August wenigstens höhere Kurse als unmittelbar nach dem Crash erreichten, präsentierte sich insbesondere der bisherige Outperformer DAX auffallend schwach.
Dabei stehen vor allem die deutschen Unternehmen nach wie vor blendend da. Eine solche Missachtung der Anleger wäre eigentlich nur dann gerechtfertigt, wenn tatsächlich eine Rezession unmittelbar vor der Tür steht. Diese würde dann natürlich vor allem deutsche Firmen treffen.
Wahrscheinlichkeit für QE3 steigt nun wieder
Da dies aber trotz einer gewissen Wachstumsabschwächung nicht unmittelbar droht, müssen die Ursachen woanders liegen. Eine mögliche Erklärung: Die Investoren verschieben Gelder in den Dollarraum, weil sie nun doch verstärkt mit einer weiteren Runde der geldpolitischen Lockerung durch die Fed rechnen (QE3).
Eine solche brächte zwar nichts für Wirtschaft und Konjunktur – wie die Fed selbst eingeräumt hat, würde aber eventuell den Aktienmarkt beflügeln. Zumindest war das bei den ersten beiden Paketen so. Allerdings ging es damals auch mit der Wirtschaft und den Unternehmen bergauf, was auch immer gut für Aktien ist.
Zumindest ist ein solches Paket gut für die Banken, und die können es nach der FHFA-Klage jetzt wohl auch besonders gut gebrauchen. Die Wahrscheinlichkeit für QE3 steigt jetzt also wieder deutlich an, obwohl auch diese Maßnahme extrem widersprüchlich wäre.
Wie Sie von der gegenwärtigen Unsicherheit am besten profitieren
Widersprüchlichkeiten und Unsicherheiten mögen Anleger jedoch nicht. In einem Aufwärtstrend führt das häufig zu weiter steigenden Kursen, und zwar entlang der berühmten „Mauer der Angst“. In einem Abwärtstrend oder bei fallenden Märkten halten sich die Anleger hingegen zurück, so dass die Kurse weiter purzeln.
Zudem besteht dabei die Gefahr, dass eine solche Situation zu einer selbst erfüllenden Prophezeiung wird, die diese Abwärtsspirale verlängert bzw. verstärkt. Die Zeit massiver Käufe ist also noch nicht gekommen.
Als vorausschauende Anleger suchen Sie aber trotzdem bereits jetzt nach aussichtsreichen Unternehmen, deren Aktien besonders geprügelt wurden. Häufig zeigen diese bereits Stärke, wenn die Märkte nochmals auf neue Tiefs hinab rutschen. Dann können Sie erste Positionen kaufen und diese in der Bodenbildung oder beim Anstieg weiter ausbauen.
So legen Sie den Grundstein für außerordentliche Gewinne selbst in Krisen und profitieren letztlich von den vielen Widersprüchen an der Börse. Viel Erfolg!
Mit besten Grüßen
Ihr Torsten Ewert
Die Börsenbriefe von Stockstreet
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Quelle der Charts: (sofern nicht anders angegeben)
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